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„Verdeckte Maßnahmen gegen Links unverzichtbar“

■ Kein Dementi der Innenverwaltung zur Enttarnung zweier MEK-Beamtinnen

Die Berliner Innenverwaltung hat Gerüchte aus der linken Szene, nach denen zwei Beamtinnen der Polizei jahrelang in autonomen Gruppen gearbeitet und diese ausspioniert hätten, nicht dementiert. Wie aus einer Antwort von Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) auf eine kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Judith Demba hervorgeht, halte der Senat aufgrund nach wie vor zu erwartender Straftaten „die Durchführung von verdeckten Maßnahmen in der linksextremistischen Szene für rechtlich zulässig und tatsächlich unverzichtbar“. Auf die Frage nach der Enttarnung zweier angeblicher verdeckter Ermittlerinnen in der Szenezeitschrift Interim hieß es in der Innenverwaltung dagegen nur, daß man sich „aus Fürsorgegründen“ nicht in der Lage sehe, weitere Einzelheiten mitzuteilen.

In zwei Flugblättern waren im Januar und März diesen Jahres die 31jährige Christine S. und Ilka D. als angebliche Mitarbeiterinnen des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) der Polizei, ohne daß dies allerdings bewiesen wurde, enttarnt worden. Nach Informationen, die der linke „Ermittlungsausschuß“ inzwischen zusammengetragen hat, sei Christine S. unter anderem in der Telefongruppe von SOS-Rassimus, an der Vorbereitung der 1. Mai-Demo 1993 sowie Aktivitäten der Anti-Olympia-Bewegung beteiligt gewesen. Außerdem habe Christine S., die bereits 1988 Zugang zur linken Szene gehabt habe, zum internen Vorbereitungskreis der Antifa-Demonstration anläßlich des Heß-Geburtstags im fränkischen Wunsiedel gehört.

Hätten Christine S. sowie Ilka D., über die auch dem Ermittlungsausschuß nur wenig bekannt ist, tatsächlich für die Polizei gearbeitet, wäre dies seit Ende 1988 die neueste Enttarnung von verdeckten Ermittlern in Berlin. Die Enttarnung des Undercover-Manns „Eberhard“ hatte damals heftige Kritik ausgelöst, weil er sowohl als Mitarbeiter des Verfassungsschutzes als auch der Polizei tätig war und sein Einsatz damit gegen die im Grundgesetz vorgesehene Trennung von exekutiver und nachrichtendienstlicher Tätigkeit verstoßen habe. Während unter der rot-grünen Koalition der Einsatz von verdeckten Ermittlern weitgehend „unerwünscht“ war, wird seit der Großen Koalition wieder munter drauflos spioniert. Auch bei der Polizei. Gesetzliche Grundlage ist die vor zwei Jahren verabschiedete Neufassung des „Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes“ (ASOG), bei dem nach Angaben des Abgeordneten Reinhard Schult (Neues Forum) die Trennung von Polizei und Geheimdienst derart verwischt sei, daß im Zweifelsfall sogar eine Abschaffung des Verfassungsschutzes den Innensenator kalt ließe. „Denn dann“, so Schult, „würde der Staatsschutz kurzerhand die Aufgaben des Verfassungsschutzes mit übernehmen.“ Uwe Rada

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