Verbannter Kuranyi in Topform: Die K-Frage
Bundestrainer Löw hat ein Problem: Der von ihm 2008 aus der Nationalelf verbannte Kevin Kuranyi ist in Hochform. Soll er begnadigt werden und bei der WM in Südafrika spielen?
Joachim Löw ist kein Erzieher. Gut so. Als Pädagoge ist er nicht besonders begabt. Er ist Fußballtrainer. Dass er diesen Job beherrscht, hat er des Öfteren schon bewiesen. Wenn es indes um erzieherische Maßnahmen geht, ist er das, was ein Pädagoge nicht sein darf - unkonsequent. Für Kevin Kuranyi packte er den Knüppel aus, als dieser völlig frustriert von der Nationalmannschaft abgehauen ist, weil er nicht für das WM-Qualifikationsspiel gegen Russland aufgeboten worden ist. Nie, nie mehr wollte Löw Kuranyi im DFB-Team sehen. Lukas Podolski dagegen kam ohne jede Bestrafung davon, nachdem er Michael Ballack mitten im Spiel gegen Wales geohrfeigt hatte, weil er der Meinung war, er müsse sich von seinem Kapitän nichts sagen lassen. Lehrer Löw ließ jede Linie vermissen.
Eine solche hat er immer noch nicht gefunden. Jetzt denkt er tatsächlich darüber nach, ob er Kevin Kuranyi nicht doch zur Weltmeisterschaft mitnehmen soll. Konsequent ist auch das nicht. Der Trainer in ihm scheint sich gemeldet zu haben. Wenn Löw als Trainer spricht, predigt er immer den Leistungsgedanken. An einem Stürmer, der so oft trifft, dass er eine spielerisch nicht allzu begabte Elf im Rennen um die deutsche Meisterschaft hält, kann er da nicht vorbeigehen. Kevin Kuranyi hat 18 Tore geschossen in dieser Saison. Zusammen mit dem Leverkusener Stefan Kießling ist er der treffsicherste Deutsche in der Liga. Kevin Kuranyi bringt Leistung. Und seine Konkurrenten um einen Platz im deutschen WM-Sturm? Wegen ihrer Leistung im Verein kann Joachim Löw Lukas Podolski und Miroslav Klose derzeit nicht schätzen. Er spricht selbst vom "Leistungspotenzial" der beiden, das es rechtzeitig herauszukitzeln gilt. Das hat bei den beiden des Öfteren schon geklappt. Doch während die beiden in der WM-Vorbereitung erst aufgepäppelt werden müssen, würde Kevin Kuranyi mit breiter Brust und voller Selbstvertreuen zur WM fahren. Trainer Löw sollte das nutzen. Und wenn Kuranyi in Südafrika trifft, fragt eh keiner mehr, wie konsequent Löw gehandelt hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag