Verbände wollen Banker stellen: Die Mär vom sauberen Geld
Die Deutsche Bank investiert in Hersteller von Atomwaffen und treibt mit Spekulationen die Nahrungsmittelpreise nach oben. Das ruft eine NGO-Initiative auf den Plan.
BERLIN taz | Ein Bündnis aus nichtstaatlichen Interessenverbänden will die Deutsche Bank auf ihrer eigenen Hauptversammlung in die Mangel nehmen. Fünf NGOs wie foodwatch oder Facing Finance werfen dem Geldinstitut vor, in Rüstungsproduktion, Atomkraft und Rohstoffspekulationen zu investieren.
Die Bündnispartner rufen dazu auf, mindestens vier Wochen vor der Haupt-versammlung am 31. Mai ein Depot bei der Deutschen Bank zu eröffnen und eine Aktie zu kaufen.
Der Neuaktionär erhält eine Einladung zur Jahreshauptversammlung oder kann die Eintrittskarte an die Kampagne weiterleiten. Die Aktion läuft im Rahmen der Kampagne „Andere Banken braucht das Land“, die die NGOs am vergangenen Montag starteten und die sich gegen unmoralische Geschäfte deutscher Finanzinstitute richtet.
„Gegenüber ihren Aktionären ist die Deutsche Bank verpflichtet, sich zu konkreten Investitionen zu äußern. Auf der Versammlung kann uns der Vorstand deshalb nicht aus dem Weg gehen“, sagte Kampagnen-Koordinator Matthias Dufner. Mit besonders vielen anwesenden Kritikern erhoffen sich die Kampagnenvertreter, den Druck auf den Bankvorstand zu erhöhen, um einen Ausstieg aus diesen Geschäften zu erzielen.
Anleihen von 13 Atomwaffenproduzenten
Laut der Internationalen Kampagne gegen Atomwaffen (Ican) besitzt die Deutsche Bank Anleihen und Aktien an 13 Atomwaffenproduzenten und stellt ihnen Darlehen zur Verfügung. Zudem belegt eine Untersuchung des Forschungsinstituts Profundo, dass deutsche Finanzdienstleister derzeit 1,6 Milliarden Euro in Hersteller von Streumunition investieren. Die Deutsche Bank betreibt in etwa 90 Prozent dieser Geschäfte.
Dem Verband der Kritischen Aktionäre zufolge investierte die Bank Ende 2010 in über 45 Fonds 5 Milliarden US-Dollar in Agrarrohstoffe und 3,6 Milliarden Dollar in Öl. Experten der Weltbank machen einige Fonds der Deutschen Bank mit verantwortlich für die Preisexplosion während der Nahrungsmittelkrise 2007.
Die Bank finanziert auch die Atomindustrie: Die Menschenrechtsorganisation urgewald deckte auf, dass 7,8 Milliarden Euro des Instituts zwischen 2000 und 2009 in Firmen auf diesem Sektor flossen. Die Deutsche Bank warb 2010 Bank für längere AKW-Laufzeiten.
„Kritisierte Geschäftsbereiche“
„Geschäftsbeziehungen zu solchen Unternehmen kommen nur dann in Frage, wenn die Kunden sich verpflichten, so schnell wie möglich aus den kritisierten Geschäftsbereich auszusteigen“, erklärt Klaus Winker, Pressesprecher der Deutschen Bank. Das von der Kampagne genannte Unternehmen L-3 habe erklärt, sich aus der Herstellung von Streumunition zurückziehen.
Im Bereich Agrarrohstoffe würden in diesem Jahr keine neuen börsengehandelten Anlageprodukte auf der Basis von Grundnahrungsmitteln aufgelegt, bestehende Fonds aber derzeit nicht verändert werden. Zu den Investionen in Atomwaffen und -industrie wollte Winker keine Auskunft geben.
Schon im vergangenen Jahr sprach auf der Jahreshauptversammlung der Deutschen Bank auf Initiative von Facing Finance ein Streumunitionsopfer. „Die Anwesenden reagierten sehr emotional und haben sich im Anschluss bei dem Opfer entschuldigt“, sagte Thomas Küchenmeister von Facing Finance. Jetzt hofft Küchenmeister, die Deutsche Bank mit der geplanten Aktion zum Ausstieg aus dem Streubombengeschäft zu bewegen.
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