Verantwortung offenbar zu leicht genommen

■ „Story-Dealer“ beschäftigen weiterhin Kreuzberger Bezirksverordnete

Kreuzberg. Die „Story-Dealer“ beschäftigen weiterhin die Öffentlichkeit. Erhebliche Versäumnisse des Bezirksamts offenbarte jetzt eine Sondersitzung des Kreuzberger Jugendhilfeausschusses. Seit Wochen steht das Konzept der „erlebnispädagogischen Ferienreisen“ für Kinder und Jugendliche unter Kritik, weil die Teilnehmer der inszenierten Abenteuer weder aus den Geschichten aussteigen konnten noch am Ende der Reise eine Auflösung erfuhren. Die Kinder empfanden die vermeintliche Agentenjagd in Holland als real, ebenso real wie ihre Ängste, die teilweise auch nach der Reise noch weiterwirkten. (taz vom 22.4.)

Vom Jugendamt Kreuzberg, das mit den Story-Dealern seit über zehn Jahren Ferienreisen organisierte, wurde die Aufsicht offenbar sehr nachlässig ausgeübt. Erst zu einem sehr späten Zeitpunkt, anläßlich der Kündigung der Zusammenarbeit in diesem Frühjahr, scheint man sich über den Charakter der Reisen informiert zu haben. „Was im einzelnen dort ablief, war im Konzept nicht abzulesen“, rechtfertigte sich Jugendamtsleiter Dieter Dick. Daß die Abenteuer für die Kinder am Ende nicht aufgelöst wurden, habe er nicht gewußt, „sonst hätte ich doch intervenieren müssen“, fügt er hinzu. Besonders kritisierte der Ausschuß, daß die Eltern der teilnehmenden Kinder nicht vorher über Art und Umfang der Inszenierungen im Bilde waren. Jugendstadtrat Helmut Borchardt (SPD) hilflos: „Wir hatten keinen Hinweis auf eine Nichtinformation der Eltern.“

Fraglich bleibt zudem, warum die Erfahrungen des Bezirksamtes Spandau mit den „Story-Dealern“ nicht bis nach Kreuzberg drangen. Die Spandauer hatten wegen Unstimmigkeiten auf einer 1987 durchgeführten Reise die Zusammenarbeit abgebrochen. Als Konsequenz der Vorfälle kündigte Helmut Borchardt eine „Aufarbeitung und präzise Betrachtung des Bereiches Ferien- und Erholungsreisen an“. Außerdem überlege man, enttäuschten Kindern der letztjährigen Ferienreise auf Kosten des Bezirksamtes 1993 „schöne Ferien“ zu ermöglichen. Auf der morgigen Ausschußsitzung wollen Mitarbeiter der „Story-Dealer“ zu den Vorfällen Stellung nehmen. hek