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Venezuelas WirtschaftDie Ölstaatskrise in Südamerika

Das Land braucht dringend Geld für Importe und Investitionen in die Industrie. Es führt Verhandlungen mit dem russischen Ölkonzern Rosneft.

Der staatliche Ölkonzern PDVSA ist in Venezuela das mit weitem Abstand wichtigste Unternehmen Foto: ap

Buenos Aires taz | Venezuela braucht dringend frisches Geld. Nicht nur für die Zahlung der lebensnotwendigen Importe von Nahrungsmitteln und Medikamenten, sondern auch für Investitionen im Ölsektor, dem einzigen Devisenbringer des Landes. Dabei ist der staatliche Ölkonzern PDVSA nicht nur das mit weitem Abstand wichtigste Unternehmen, sondern auch hoch verschuldet.

Nach Angabe der Agentur Reuters stehen bei PDVSA Verbindlichkeiten in Höhe von 34 Milliarden US-Dollar in den Büchern. 2017 müssen für den Schuldendienst, also Zinsen und Tilgungen, rund 5 Milliarden Dollar aufgebracht werden, davon 2,5 Milliarden Dollar im laufenden Monat April.

In den vergangenen Wochen hatte PDVSA mit dem russischen Ölkonzern Rosneft über eine finanzielle Unterstützung verhandelt. Es ist unwahrscheinlich, dass Rosneft nicht ohne Gegenleistung zu Hilfe eilt. Laut Reuters habe PDVSA der russischen Firma eine 10-prozentige Beteiligung an einer gemeinsamen Firma mit Namen Petropiar angeboten. Rosneft habe Interesse an der Erschließung des Orinoco-Beckens, das seit Jahren als eines der vielversprechendsten Gebiete mit Ölvorkommen gilt, dessen Ausbeutung aber nicht vorankommt.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Nationalversammlung des südamerikanischen Landes einen Untersuchungsausschuss in Sachen Petromonagas eingesetzt. Dabei geht es um eine Mischfirma mit Rosneft-Beteiligung. Ein Teil des Parlaments kritisierte, dass der russischen Firma zu große Vorteile eingeräumt worden waren.

Die Opposition verweigert die Zustimmung

Solche Mischfirmen zur Ausbeutung von Öl-, Gas- und Erzvorkommen, an denen der venezolanische Staat und ausländische Staaten oder Unternehmen beteiligt sind, sind im Ölstaat Venezuela nichts Neues. Im Gegenteil, der frühere Präsident Hugo Chávez nutzte diese Form, um die Kontrolle über den Öl- und Bergbausektor zu behalten und zugleich ausländisches Kapital und Know-how ins Land zu holen.

Doch seit nicht nur der Weltmarktpreis für Öl, sondern auch die Förderung wegen fehlender Neuerschließung von Ölfeldern und der Überalterung der bestehenden Anlagen die geförderte Menge sinkt, sucht die Regierung händeringend nach zusätzlichen ausländischen Partnern. Die Gründung einer Mischfirma bedarf jedoch der Zustimmung der Nationalversammlung, in der die Opposition die Mehrheit hat und die gegenwärtig ihre Zustimmung verweigern würde.

Dieser Umstand könnte auch der eigentliche Grund für die jüngste Entmachtung des Parlaments durch den Obersten Gerichtshof des Landes gewesen sein – und alles andere Theaterdonner. Denn im Ergebnis war der Weg für die Regierung frei.

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1 Kommentar

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  • Im Grunde verstehe ich die Artikelsammlung in der taz nicht. Einerseits "Dekarbonisierung", andererseits "Ausbeutung von Ölvorkommen, die nicht vorankommt". Es wäre doch aus Sicht des Klimaschutzes sehr wünschenswert, wenn das Erdöl im Boden verbleibt und die Wirtschaft nicht mehr am Tropf der "Petrolindustrie" hängt. Sollen sie doch in etwas anderes investieren (Zynismus)