Vattenfall gibt Schülern Nachhilfe: Die große Sparstunde
Klimatipps vom Klimasünder: Der Energiekonzern Vattenfall will Schülern beibringen, wie man Strom spart und damit schon heute die Imageprobleme von morgen bekämpfen.
Wie viel Strom verbraucht eine ausgeschaltete Stereoanlage? Fast so viel wie eine lautstark dröhnende, wenn es sich um ein Gerät mit Schein-aus-Modus handelt. Das sieht zwar aus wie abgeschaltet, braucht aber weiter Energie - ein schönes Beispiel für Energieverschwendung im Alltag. "Messt das mal bei eigenen Geräten nach", sagt Thomas Meintrup. Er versucht, seinen jugendlichen Zuhörern das Thema Energiesparen näher zu bringen - im Auftrag von Vattenfall.
Der Energiekonzern bietet an etwa 90 Schulen in Berlin, der brandenburgischen Lausitz und in Hamburg eine "Klimaakademie" an. Vattenfall-Sprecherin Barbara Meifert begründet das Engagement damit, dass die Ressourcen nun mal endlich seien, und Klimaschutz sei ein wichtiger Punkt der Arbeit des Konzerns. "Wir übernehmen hier Verantwortung für die künftigen Generationen", sagt Meifert. Und so besucht ein Team auf Einladung der Schule einen Vormittag lang die Schüler, meist der neunten und zehnten Klassen. Sie bekommen einen Film, einen Vortrag und Schautafeln geboten.
Durchgeführt wird die Aktion für Vattenfall vom "Mobilen Umwelttechnik Zentrum", Mutz. Das Berliner Unternehmen ist Spezialist in der Umweltkommunikation und hat schon Infokampagnen des Verbraucherministeriums für das Biosiegel gestaltet. Tourleiter der Klimaakademie ist Mutz-Mitarbeiter Thomas Meintrup. An einem sonnigen Mittwochmorgen vor Ostern hat er einen umgebauten Reisebus vor einem Ausbildungszentrum in Berlin-Zehlendorf geparkt. Unter ockerfarbenen Plakaten mit den Überschriften "Vattenfall und der Klimaschutz" oder "Klimaschutz zu Hause" sitzt ein Dutzend Azubis, die einmal Feintäschnerin oder Installateur werden möchten, und lauschen mit mäßigem Interesse dem Vortrag Meintrups. Er demonstriert am Beispiel von heißem Wasser, einmal im Marmeladenglas, einmal in der Thermoskanne, die Heizwirkung von Dämmmaterial. Er zeigt den Stromverbrauch verschiedener Glühbirnen auf und erklärt die Wirkung von Geräten im Stand-by-Modus. Nach 20 Minuten bekommen die Jugendlichen eine Energiesparlampe geschenkt, dann dürfen sie gehen.
Vorher haben sie sich einen Film angesehen. "Klimaschutz verpennt? 19 Mal nicht richtig nachgedacht" heißt das Werk, realisiert ebenfalls vom Mutz im Auftrag Vattenfalls. Hier ist ein junges Paar dabei zu beobachten, wie es, untermalt von dröhnendem Gitarrenrock, beim Frühstück möglichst viel Energie verschwendet. Die Azubis sind aufgefordert, genau hinzusehen und die jeweiligen "Fehler" anschließend zu benennen. "Eier im zu großen Topf gekocht" und "Heizung bei offenem Fenster aufgedreht", zählen sie dem Mutz-Filmvorführer André Barnow auf. Der liefert Zusatzinformationen: "Immer, wenn man Wärme mit Strom erzeugt, ist das sehr ineffizient", sagt er, und dass man Wäsche auch prima bei 30 Grad sauber bekommt. Die jungen Männer und Frauen strecken die Beine aus und blicken auf ihre Armbanduhren. "Wussten wir alles schon", urteilen sie später. "Na ja, dass man Elektrogeräte aus der Steckdose ziehen muss und nicht nur ausschalten, das war mir schon neu", sagt die 19-jährige Luisa Hornemann. Und hat sie auch etwas Neues über das Unternehmen Vattenfall gelernt? "Nö, wieso?"
Der schwedische Energiekonzern verdient sein Geld mit dem Betreiben von Kernkraftwerken. Zudem kann er sich rühmen, auf einer von der Umweltstiftung WWF erstellten Liste der schmutzigsten Kraftwerke Europas mit seinem Kohlekraftwerk in Jänschwalde auf Platz vier gelandet zu sein. Auch in Zukunft setzen die Schweden auf Kohle, die bei der Energiegewinnung besonders viel CO2 ausstößt. Bei Hamburg ist ein neues Kraftwerk geplant, in Brandenburg und Sachsen hat Vattenfall den Abbau weiterer Kohleflöze beantragt. "Ist doch letztlich egal, wer etwas gegen den steigenden Stromverbrauch unternimmt", findet der 17-jährige Lehrling Nicolai Henschel. Energiesparen sei wichtig: "Ich finde das Engagement von Vattenfall gut."
"Das ist natürlich eine nette Propagandaveranstaltung", sagt Rüdiger Rosenthal, Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND). Auch wenn die Klimaakademie die Schüler zu einem kritischen Umgang mit Energie aufrufe - die Kritiker der Energiekonzerne selbst kämen nicht zu Wort. "Wenn die großen Stromunternehmen alle geplanten 20 Kraftwerke tatsächlich bauen, sind die Klimaschutzziele der Bundesrepublik nicht zu halten", sagt Rosenthal, die Firmen bekämen damit ein riesiges Imageproblem. Der BUND-Sprecher glaubt: "Veranstaltungen wie die Klimaakademie sind Teil der Propagandaschlacht."
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