Vattenfall erhöht die Preise: Atomstrom wird teurer
Berliner Vattenfall-Kunden zahlen ab nächstem Jahr mehr. Doch selbst in der Hauptstadt der Stromwechsler ist immer noch die Mehrheit bei dem Branchenriesen.
Berliner Kunden des Energiekonzerns Vattenfall müssen im kommenden Jahr mehr für ihren Strom zahlen. Berichten zufolge plant das Unternehmen eine Anhebung der Preise um rund 9 Prozent. Vattenfall-Sprecher Hannes Stefan Hönemann bestätigte bislang nur, dass es zum 1. Januar Preissteigerungen geben werde. "Das liegt an der Erhöhung der EEG-Umlage", erklärt er. Die genauen Tarife würden erst am Freitag vorgestellt.
Die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) steigt zum Jahreswechsel um rund 1,5 Cent pro Kilowattstunde auf 3,53 Cent. Laut Bundesnetzagentur sollte jedoch nur ein Teil der Erhöhung bei den Kunden ankommen. "Die zunehmende Menge an erneuerbarer Energie bewirkt sinkende Großhandelspreise, weil sukzessive teure Kraftwerke aus dem Markt gedrängt werden", erklärte der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, nach der Bekanntgabe der Erhöhung Mitte Oktober.
Derzeit zahlt etwa eine vierköpfige Familie mit einem Verbrauch von 4.000 Kilowattstunden im Berliner Basistarif von Vattenfall jährlich 880 Euro. Wie viel die Verbraucher letztlich mehr bezahlen müssen, hängt maßgeblich von der Tarifgestaltung ab: Wer viel verbraucht, zahlt bei steigenden Verbrauchspreisen deutlich mehr, während bei Wenigverbrauchern vor allem der steigende Grundpreis zu Buche schlägt. Betroffen wäre in jedem Fall die Mehrzahl der Berliner: Nach Unternehmensangaben beziehen 80 Prozent der Haushalte in der Stadt ihren Strom von Vattenfall.
Als "reine Abzocke" bezeichnet Michael Schäfer, energiepolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, die Preiserhöhung. Das Unternehmen hatte erst Ende Oktober mitgeteilt, seine Eigenkapitalrendite von derzeit 9,3 Prozent auf langfristig 15 Prozent erhöhen zu wollen. "Es ist nicht so, dass Vattenfall die Erhöhung nötig hätte", sagt auch ein Branchenkenner. Die großen Energiekonzerne würden in Milliardenhöhe von der Aufkündigung des Atomkonsenses profitieren und die jetzige Erhöhung vor allem deshalb nutzen, weil sie die Schuld den erneuerbaren Energien zuschieben könnten.
In den letzten Wochen haben bundesweit bereits mehrere regionale und überregionale Anbieter Preissteigerungen angekündigt - häufig über die reine Umlage hinaus. Dagegen teilte beispielsweise der Ökostromanbieter Lichtblick mit, er werde die Erhöhung nur an die Kunden durchreichen. Ein Sprecher von Naturstrom erklärte, dass dort die Preise "höchstwahrscheinlich nicht" steigen würden. Das Unternehmen hat einen Vorteil: Da es mehr als die Hälfte seines Stroms von EEG-Anlagen liefert, ist es von der Umlage befreit.
"Berlin ist zwar die Hauptstadt der Stromwechsler", sagt Dirk Hempel, Sprecher des Anbieters Flexstrom. Dennoch würden viele Verbraucher zu Unrecht befürchten, dass sie bei einem Anbieterwechsel im Dunkeln sitzen könnten. Mittlerweile raten jedoch nicht nur Umwelt- und Verbraucherschützer zum Stromwechsel, sondern selbst die Bundesnetzagentur empfiehlt ihn.
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