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■ StandbildVanity Fair

„Shortlist“, Montag,

Pro 7, 12.10 Uhr

Ein alter Traum von TV-Rezensenten schien wahr zu werden: „1.000 Stunden Fernsehen in 100 Minuten“ wollte eine Veranstaltung bieten, die die Münchner PR- Agentur Christina Seidel zusammen mit dem Kabelkanal und den Münchner Filmwochen im Arri- Kino organisiert hatte. Doch Zweck der Übung war leider nicht, Fernseh-Schreibern durch komprimierte Programmzusammenfassung à la „Reader's Digest Condensed Books“ qualvolle Stunden vor der Glotze zu ersparen. Nein, vielmehr sollte der beste Trailer des deutschen Fernsehens ausgewählt werden – und das zum ersten Mal in Europa. Von der Preisverleihung am vergangenen Freitag berichtete „Shortlist“, die Werbesendung des Spielfilm-Abnudel-Kanals Pro 7.

Zwischen 1.700 und 4.000 On-Air- Trailer, die das Publikum auf nachfolgende Sendungen aufmerksam machen sollen, zeigen deutsche Fernsehsender jährlich. Während die Öffentlich-Rechtlichen sich mit einer Eigenprogrammbewerbung von etwa zehn Minuten pro Tag begnügen, verwenden die Privaten täglich zwischen 30 und 60 Minuten ihrer Programmzeit für die Ausstrahlung von On-Air-Promotion. „Erfunden“ wurden Trailer in den dreißiger Jahren von Dr. Hanno Jahn zur Bewerbung von Ufa-Spielfilmen; vorher waren in den Kinos nur Dias gezeigt worden – soviel zum Informationsgehalt der Pro 7-Sendung.

Um Information geht es „Shortlist“ freilich nur in zweiter Linie; die sogenannte Dokumentation dient in erster Linie der Bauchpinselung von Werbern und Mediaplanern, damit diese bei dem Kirch-Sender Reklame schalten, was sie auch tun, wie proppenvolle Werbeblöcke beweisen. Deshalb ging es bei „Shortlist“ wie immer vor allem darum, erlauchte Werber-Meinungen einzuholen (Binsenweisheiten wie: „Es gibt keine Regeln bei der Trailer-Produktion“). Die Branche sieht sich halt selbst gern im Fernsehen. Damit nicht genug vom Jahrmarkt der Eitelkeiten: Pro 7 belegte mit einem recht durchschnittlichen Trailer für ihre Nachrichten den ersten Platz. Ganz zufällig.Tilman Baumgärtel

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