Vancouver Canucks im NHL-Halbfinale: Die Narren sind los
Die Vancouver Canucks wollen ihren ersten NHL-Titel holen. Ihr bester Spieler Kesler sagte bei Olympia 2010, dass er die Fans der kanadischen Mannschaft hasst.
BERLIN taz | Sie sind nicht besonders nachtragend in Vancouver. Denn trotz dieser Geschichte, die sich während der Olympischen Winterspiele zugetragen hat, mögen sie den Angreifer der Vancouver Canucks, Ryan Kesler, noch.
Was war damals geschehen? Der Amerikaner war im Februar 2010 dabei, als seine US-Auswahl den späteren Olympiasieger Kanada in einem spektakulären Spiel 5:3 besiegte; er traf sogar ins Tor. Damit nicht genug, beschwerte er sich auch noch über den patriotischen Taumel der Kanadier. Provokativ hatte er verkündet, die Anhänger der "Ahornblätter" zu hassen. Später relativierte er seine Aussage.
"Nun ja", hatte Kesler gesagt, "vielleicht hasse ich sie nicht wirklich, aber die Kanadier haben nur Gold im Kopf und alles andere ist nicht gut genug." Das ist bei den Fans der Canucks nicht sonderlich gut angekommen, aber in Zeiten des Erfolgs geht man pragmatisch damit um. Was kümmert uns Keslers Geschwätz von gestern, sagen sie sich am Pazifik.
Bester Spieler seiner Mannschaft
Kesler ist der beste Spieler seiner Mannschaft. Erstmals seit 1994 ist das Team von der kanadischen Westküste ins Conference-Finale eingezogen. Im Endspiel der NHL stand es erst einmal, gewonnen hat es den Stanley-Cup noch nie - eigentlich ein Unding für ein kanadisches Eishockeyteam. Und eine weitere Schmach gilt es zu tilgen: Der letzte Sieg eines kanadischen Teams in der NHL liegt 18 Jahre zurück - eine halbe Ewigkeit für Kanadas Pucknarren.
Aktuell hat Kesler nichts gegen den Überschwang der Fans, die wieder nur Gold beziehungsweise den Titel im Kopf haben und ähnliche Symptome der Eishockeyverrücktheit zeigen wie beim olympischen Turniersieg, den auch einer der ihren, Goalie Roberto Luongo, von allen nur "Lou" genannt, sicherstellte.
Die erste Hürde in den Playoffs nahmen die Canucks relativ locker, obwohl sie den amtierenden Meister, die Chicago Blackhawks, zum Gegner hatten. In Runde zwei besiegten sie die Nashville Predators. Vancouver gilt als Favorit auf den Titel, schließlich haben sie ja auch die reguläre Spielzeit als bestes Team abgeschlossen, wofür sie die Presidents Trophy bekamen.
Mögliche Gegner: Detroit Red Wings oder die San Jose Sharks
Die Clarence S. Campbell Bowl könnte bald schon ihre sein, falls die Canucks das Finale der Western Conference gegen die Detroit Red Wings oder die San Jose Sharks gewinnen; nach fünf Partien führt San Jose mit 3:2. Und der Pokal, den Frederick Arthur Stanley, Baron Stanley of Preston, 1892 stiftete, obgleich er unsportlich war und wohl nie ein Eishockeyspiel gesehen hat, winkt den Vancouver Canucks im Falle eines NHL-Finalsieges. Eine Trophäe, auf die Ryan Kesler schielt, ist die Conn Smythe Trophy für den wertvollster Spieler der Stanley-Cup-Playoffs; Constantine Smythe war der erste Manager der New York Rangers.
Ob Kesler den Pott bekommt, hängt von seinen Leistungen in den kommenden Spielen ab. In den Playoffs hat er bereits fünf Tore erzielt und zehn Torvorlagen (Assists) gegeben. Sein deutscher Teamkollege Christian Ehrhoff, 28, gebürtig in Moers, schneidet in dieser Statistik schlechter ab, was nicht verwundert, da Ehrhoff ein Verteidiger ist. In seiner zweiten Saison bei den Canucks könnte ihm Großes gelingen, eine Stütze seines Teams ist er ohnehin schon. Ehrhoff steht im Schnitt 23 Minuten auf dem Eis. Da kann er sogar mit dem Schlittschuhkünstler Ryan Kesler mithalten.
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