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Vaginal-Gel zur Aids-PräventionGute Nachricht für Frauen

Erstmals wurde erfolgreich ein Vaginal-Gel getestet, das vor der Übertragung des HI-Virus schützen soll. Bei der Aids-Konferenz in Wien ist man optimistisch.

Die Zukunft ist pink: Frauen können sich vielleicht bald besser um die Aids-Prävention kümmern. Bild: dpa

WIEN afp | Erstmals soll ein Vaginal-Gel Frauen die Möglichkeit zur eigenmächtigen HIV-Prävention geben. Bei der Aids-Konferenz in Wien hat der Test des neuartigen Produktes optimistische Reaktionen ausgelöst. "Wir geben Frauen Hoffnung", erklärte der Leiter von UNAIDS, Michel Sidibe. Allerdings bedarf es noch weiterer Untersuchungen zur Sicherheit und Wirksamkeit des Mikrobizids, bevor es eingesetzt werden kann.

"Das sind gute Nachrichten für Frauen, gute Nachrichten für die Fachwelt, und es ist ein guter Tag für die Wissenschaft", sagte Yasmin Halima, Direktorin der Globalen Kampagne für Mikrobizide.

"Wir sind alle sehr aufgeregt angesichts der Ergebnisse", sagte Anthony Fauci vom US-Institut für Allergien und Infektionskrankheiten am Dienstag. "Es ist das erste Mal, dass es einen eindeutigen, signifikanten Beweis für die Fähigkeit eines Mikrobizids gibt, eine Ansteckung (mit HIV) bei Frauen zu verhindern." Da Frauen weltweit die größte Gruppe bei den Neuinfektionen ausmachten, sei der Test "ein wichtiger Schritt, eine Risikogruppe mit einem sicheren und effizienten Mittel auszustatten".

Renate Bähr, Geschäftsführerin der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW), erklärte in Hannover, dieser "Durchbruch" bringe "den Kampf gegen Aids endlich entscheidend voran". Mikrobizide hätten gegenüber Kondomen "den wichtigen Vorteil, dass Frauen die Präparate unabhängig von der Zustimmung des Mannes anwenden können". Das sei vor allem in Afrika südlich der Sahara von zentraler Bedeutung. Nun müsse "weiter in die Forschung von Mikrobiziden investiert werden".

Bei dem Vaginal-Gel handelt es sich um das erste Mikrobizid - ein chemisches Mittel zur Abtötung von Mikroben -, das mit einem antiretroviralen Mittel ausgestattet ist. Antiretrovirale Mittel werden zur Behandlung von HIV-Patienten angewendet. Das Gel wurde in Südafrika an 889 HIV-negativen Frauen getestet. Die Hälfte der Frauen erhielt das Gel, die andere Hälfte nutzte ein Placebo. Aus der Gel-Gruppe infizierten sich 38 Frauen mit HIV, aus der Placebo-Gruppe 60 Frauen. Statistisch betrachtet, reduzierte sich das Ansteckungs-Risiko mit dem Gel um 39 Prozent, aber bei den Frauen, die sich strikt an die Anwendungsregeln hielten, sogar um 54 Prozent. Nebenwirkungen wurden nicht festgestellt.

Allerdings verwiesen Experten auch darauf, dass noch weitere Studien nötig seien, bevor das Gel auf den Markt kommen kann. So wurde es etwa noch nicht beim Analsex getestet, bei dem das Ansteckungsrisiko höher ist als beim Vaginalsex.

Die Immunschwäche Aids trifft Frauen überproportional hart: Weltweit sind die meisten neu Infizierten Frauen. Den Gebrauch von schützenden Kondomen können Frauen in vielen Ländern nicht durchsetzen. Ein "chemisches Kondom" in Gelform könnte Frauen gewissen Schutz bieten.

Weltweit sind mehr als 33 Millionen Menschen mit HIV infiziert, zwei Drittel davon leben in Afrika südlich der Sahara. In dieser Region werden 60 Prozent der Neuinfektionen bei Frauen und Mädchen festgestellt. Bei der 18. internationalen Aids-Konferenz in Wien, die noch bis Freitag dauert, hatten der frühere US-Präsident Bill Clinton und Microsoft-Gründer Bill Gates am Montag einen wirkungsvolleren Einsatz von Hilfsgeldern im Kampf gegen Aids angemahnt.

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20 Kommentare

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  • C
    Christina

    In Europa hättest Du niemals solch ein Studie durchführen können, wer wollte schon in die Placebogruppe? Aber die Ausgebeuteten dieser Welt dürfen auch dafür herhalten.

     

    Warum sollte dieses Gel für den afrikanischen Kontinent entwickelt werden, können die doch eh nicht bezahlen!!!!!

    Das sind doch Lügen und die taz ist unkritisch wie gewohnt!

     

    Und wir können uns Kondome kaufen, also ab in die Tonne mit dem Laborgift! Viel zu riskant (Resistenzen, Krebs, etc)

  • I
    ich
  • A
    AntonErdnusscreme

    Ja, genau,

    die werden die Frauen dazu gezwungen haben, mit HIV-infizierten Männern Geschlechtsverkehr zu haben.

    Oder war's vielleicht ein Doppelblindversuch,

    und die Probanden haben in Selbstverantwortung einfach ihr Leben mit Gel weiter gelebt und sind untersucht worden?

    Trotzdem meiner Meinung nach viel zu kleine Studie mit fragwürdigen Erfolgsraten.

  • S
    Silentjay

    Man hat ihnen das Gel gegeben, einen mit, den anderen ohne Wirkstoff. Dann hat man Sie über Wochen befragt und getestet auf HIV, Kondomgebrauch, sexuellen Interaktionen etc. pp.

     

    Weder wurde ihnen ein Wunderheilmittel versprochen, noch wurde ihnen der Kondomgebrauch untersagt oder abgeraten.

    Und man hat Sie auch nicht mit HIV angesteckt.

    Die Studie wurde in einem Gebiet mit einer sehr hohen HIV-Rate gemacht.

     

    Wie kriegt man jedes Jahr 1000 Menschen in Deutschland dazu sich mit HIV zu infizieren?

     

    Menschen sind unvorsichtig. Und wenn unvorsichtige Menschen auf ein größeres Risiko treffen, dann müssen mehr Menschen für diese Unvorsicht bezahlen.

     

    Irgendwann hängt einem dieses 'alle Wissenschaftler sind ethiklos Monster zum Hals raus'

  • NF
    Norman Frey

    Es gibt doch schon Femidome. Die schützen sogar zusätzlich vor Schwangerschaften und in manchen Formen sogr vor Vergewaltigungen. Aber wie beim Vaginal-Gel auch, müssten diese erst einmal bekannt gemacht werden.

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Femidom

  • US
    Uschi S.

    "Das Infektionsrisiko für sexuell aktive Frauen ist sehr hoch, zumal in der dortigen Kultur die Verwendung von Kondomen nicht durchsetzbar ist. Die 889 Teilnehmerinnen im Alter von 18 bis 40 Jahren erhielten ein Gel, das den antiretroviralen Wirkstoff Tenofovir in einer Konzentration von einem Prozent oder ein Placebo enthielt.

     

    Das Gel sollten die Frauen 12 Stunden vor dem Geschlechtsverkehr und in den 12 Stunden danach ein zweites Mal anwenden. Außerdem wurden an alle Frauen Kondome ausgegeben, um sie durch die Studienteilnahme nicht zu einem Risikoverhalten zu verleiten.

     

     

    Die Kondome wurden wie befürchtet nicht von allen Partnern genutzt."

     

    aus dem aerzteblatt.de

  • B
    BigKelle

    Aids = Pharmaindustrie

     

    http://www.youtube.com/watch?v=TjzNzv8Plj0&feature=related

     

    Guten Tag!!!

  • R
    Roterstrumpf

    vielleicht sollte bei solchen Artikeln noch hinzugefügt werden, wie sich die Testpersonen zusammensetzen. Lehnten beispielsweise sämtliche Testpersonen die Benutzung eines Kondoms ab und hätten demzufolge mit oder ohne Gel/Placebo ungeschützen Geschlechtsverkehr gehabt? Dies ist bei vielen Paaren (über die Rolle des Mannes und der Kirche muss man dabei leider häufig weinen) der Fall. In solch einem Fall sind die Studien nämlich ethisch sehr anders zu bewerten als bei einer Fehlinformation.

    Sollte den Probandinnen die Benutzung eines Kondoms verboten/abempfohlen worden sein oder sollten die Frauen mit Geldentschädigung belohnt worden sein, wäre das leider schrecklich. Meiner Meinung nach sollten sogar zu dem Gel auch Kondome angeboten werden, falls das Paar sich umentscheidet. Das macht dann die Probandenzahl kleiner aber rettet vielleicht Menschen, die ansonsten pflichtbewusst den Test weiterhin durchgeführt hätten...

  • F
    frequenzen
  • DE
    Der Ekelbaron

    Das kommt davon, wenn man völlig unkritisch mit PR-Texten umgeht...

    Allein der erste Satz impliziert, dass der Normalfall der Sexualität einer Vergewaltigung gleichkomme. Sicher... In vielen Orten Afrikas sieht das völlig anders aus als bei uns, was Verhütung angeht... Aber wenn es um die Verbesserung der Situation von Frauen geht, greifen solche orientalistischen Klischees zu kurz.

     

    Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Medikament dazu in der Lage ist, die Situation hiesiger SexarbeiterInnen deutlich zu verschlechtern. Von der allgemeinen Bereitschaft zu Verhütung und Schutz vor Geschlechtskrankheiten einmal abgesehen.

  • C
    Christian

    Leute, denkt doch bitte mal nach, bevor ihr hier die Versuche verteufelt. Sicher wurde niemand dazu angehalten, ungeschützten Sex zu haben. Andererseits stecken sich Frauen nun einmal offensichtlich so oder so mit AIDS an, sonst bräuchte es keine Medizin. Was wäre die Alternative gewesen, keine Versuche durchzuführen und einfach ein Mittel in ganz Afrika zu verteilen, von dem niemand weiß, ob es funktioniert? Es gab schon viele Cremes, die genau gar nichts taten. Glaubt ihr im Ernst, es wäre etwas gewonnen, wenn man Millionen Frauen sagt, sie sollen sich mit neunzehn Vaginalcremes einschmieren, die eine oder andere davon würde schon helfen? Von den Kosten ganz abgesehen. So funktioniert nunmal echte Medizin, man probiert etwas aus, bevor man es „Medikament“ nennt. Wenn jemand eine gute Alternative zu dieser Vorgehensweise kennt, darf er die ja gerne hier reinschreiben, aber a posteriori sagen, dass man doch besser keine Tests gemacht hätte, weil das Zeug ja schließlich funktioniert ist einfach nicht sehr ... kausal.

  • E
    Erik

    Wer auch immer solche Versuche angefangen hat, gehört lebenslänglich hinter Gitter!

     

    Wie kann man einfach Placebos vereilen und dann seelenruhig mit angucken, wie sich hilflose Frauen mit Aids anstecken und dadran verrecken???!!!

     

    Und dann sein Podukt mit "guten" Todesquoten vermarkten ...

    Proboieren sie's mal aus, wenn sie 100 Frauen mit unserem Produkt behandeln und dann infizieren, stirbt nur die Hälfte innerhalb von 5 Jahren ...

  • E
    Ernst

    Wird da Frauen ein Placebo gegeben und ihnen gleichzeitig weisgemacht, sie seien Sicher, so dass sie auch ja keine Kondome verwenden...? Nur damit sie sich nachher anstecken und die mit dem richtigen Gel nicht?

  • KM
    Kiriakos Madjaroglou

    es gibt da eine noch viel wirkungsvollere methode: KONDOME...

  • S
    semiramis

    haben die bei dem test echt in kauf genommen, dass sich frauen mit hiv infizieren???

  • C
    Carolisa

    Das glaube ich jetzt nicht, dass man in Südafrika Placebotests gemacht hat. Wie soll man sich das vorstellen? Waren die Frauen tatsächlich restlos aufgeklärt? Kommt mir vor wie in einem schlechten Film.

  • IM
    Immer mit der Ruhe

    Dafür nehmen dann wahrscheinlich die Gebärmutterhalskarzinome zu.

     

    So läuft das üblicherweise mit den schulmedizinischen "Therapien".

  • J
    Jussuf

    Anhand der Zahlenlage seh ich den Hype, den die Nachricht allerorten von sich lässt, mit Skepsis. Mit den zugrundeliegenden, statistisch unzureichenden Fakten ist keinerlei Beweis für die Wirkung des Gels geliefert - ich würde sogar soweit gehen, dass in einem weiteren Versuch das Gegenteil bewiesen werden könnte - einfach weil die Schwankungen zu groß sind.

     

    Aber eins ist vollkommen richtig: es muss investiert werden, Bemühungen weiter intensiviert und dort, wo Aufklärung nicht fruchten kann, nach Mitteln und Wegen aus der Katastrophe geforscht werden.

     

    Gegenwärtig wäre die weit effizientere Methode, die Kirche und ihre verfehlte Sexualpolitik unter Druck zu setzen - sie arbeitet durch ihre arroganten und weltfremden Wertvorstellungen mit am mehrfachen Genozid.

  • F
    fragezeichen

    ...mit was für methoden kriegt man denn 98 gesunde frauen dazu, sich mit hiv anstecken zu lassen? oder hab ich da was nicht verstanden??

  • H
    Heidi

    Wissenschaft in alle Ehren, aber es muss doch bitte bei so einer Studie eine andere Möglichkeit der Wirksamkeitsüberprüfung als eine Placebo Gruppe geben???