VORSORGE: Familienteams und Babylotsen
Mit "Frühen Hilfen" schon für werdende Eltern sollen die Entwicklungschancen von Kindern in schwierigen familiären Verhältnissen von Geburt an verbessert werden
Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) hat eine „Lücke“ ausgemacht, die es zu schließen gilt. Bislang hätten soziale Einrichtungen von Familienproblemen oder gar vernachlässigten Kindern oft „erst erfahren, wenn diese bei den obligatorischen Untersuchungen mit Ärzten oder aber dem Kita-Personal in Kontakt gekommen seien“.
Da es dann aber oft zu spät sei, sollen Familienhilfe und Gesundheitswesen in enger Abstimmung miteinander nun allen Familien „frühe Hilfen“ anbieten. Schon vor der Geburt ihres Kindes sollen Eltern eingehend beraten und auf Hilfsangebote hingewiesen werden, „Problemlagen erkannt werden, bevor diese eskalieren und sich verfestigen“. „Babylotsen“ und „Familienteams“ sollen dafür sorgen, dass – so Scheele – „kein Kind mehr verloren“ geht.
Künftig sollen Eltern bereits in den Geburtskliniken und Geburtshäusern erreicht werden. Eine dezidierte Eltern-Befragung vor der Geburt soll erwartbare Probleme sichtbar machen. Dieses obligatorische Beratungsangebot der „Babylotsen“ wurde in den vergangenen Jahren bereits auf den Entbindungsstationen des Marienkrankenhauses und des AK Wandsbek erprobt.
Die Folge: 15 Prozent der Eltern entschieden sich dafür, pädagogische Unterstützungsmaßnahmen nach der Geburt anzunehmen. Auf die ganze Stadt ausgeweitet wären das jedes Jahr die Eltern von 2.700 Neugeborenen.
Nach der Geburt stehen dann in Zukunft an 16 Standorten sogenannte Familien-Teams bereit, die sich aus Hebammen, Kinderkrankenschwestern und den pädagogischen MitarbeiterInnen der Mütterberatungsstellen zusammensetzen. Sie sollen maßgeschneiderte Hilfsangebote für die Familien entwickeln.
Die Annahme dieser Hilfsangebote ist für die Eltern jedoch freiwillig, es sei denn, „wir haben starke Indizien für eine Kindeswohlgefährdung“, sagt Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD). Deswegen, so die Politikerin, würden die vorgeburtlichen Befragungen von den Eltern auch „durchweg als Kümmern, nicht als Kontrolle“ empfunden. Das bestätigt auch Anna Kupfer, Projektkoordinatorin des Modellversuchs Babylotsen: „Die Beratungen werden gut angenommen und von fast allen Frauen als Hilfe empfunden.“
Zentrale Anlaufstelle werden die 41 bereits bestehenden Eltern-Kind-Zentren sein. Insgesamt sollen Kinder-, Jugend- und Gesundheitshilfe sowie Schwangeren- und Elternberatung und die neuen Hilfsangebote unter der Regie bezirklicher „Netzwerkkoordinatoren“ eng miteinander verzahnt werden, um Doppelbetreuung aber auch Betreuungslücken zu verhindern. Bezahlt werden die „frühen Hilfen“ aus Bundesmitteln und Geldern der Gesundheitsbehörde – insgesamt über drei Millionen Euro pro Jahr. Dabei, betont Prüfer-Storcks, handelt es sich „um zusätzliche Mittel“, die nicht anderswo eingespart werden.
Bei so viel frohen Botschaften hält sich sogar die Opposition zurück: Nur die Grünen fanden ein Haar in der Senatssuppe, bemängelten, dass das „ineffektive Einladungswesen“ für die U-Untersuchungen von Kindern fortgesetzt werde, statt alle Resourcen auf „die Umsetzung der individuellen Hilfen zu konzentrieren“.
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