VIAG wird privatisiert - Stoltenberg macht Kasse

■ Nach VW–Test geht der größte bundeseigene Mischkonzern an die Börse

Frankfurt (dpa) - Gerade rechtzeitig zur ersten Lesung der Steuerreform versorgt sich Bundesfinanzminister Stoltenberg mit Barem für die Bundeskasse. Der bundeseigene Mischkonzern VIAG AG (Berlin/Bonn) wird voraussichtlich im Mai voll privatisiert. Ein internationales Konsortium von 45 Banken unter Führung der Deutschen Bank soll die restlichen von Bund und Kreditanstalt für Wiederaufbau gehaltenen 60 Prozent am Grundkapital oder nominal 348 Millionen Mark an der Börse streuen. Nach dem derzeitigen Börsenkurs der VIAG– Aktie würde das ein Volumen von 1,4 Milliarden Mark bedeuten - Manna für das Defizit im Bundeshaushalt. Wie F. Wilhelm Christians, Sprecher der Deutschen Bank und Aufsichtsratsvorsitzender der VIAG, am Dienstag in Frankfurt betonte, wurde die Belastungsfähigkeit der deutschen Börse zunächst mit der VW–Plazierung getestet. Nachdem „dieses Wagnis bestanden“ ist, wird die Ausgabe der VIAG–Aktien vorbereitet. Nach der Vorstellung der Unternehmensgruppe entscheidet der Bundesfinanzminister Ende April den Termin der Börseneinführung. Geplant ist die Streuung von 15 Prozent des Kapitals im europäischen Ausland. Bis vor zwei Jahren war die VIAG ein rein staatliches Unternehmen. Im Juni 1986 wurden 40 Prozent des Grundkapitals von 580 Millionen Mark an die Börse gebracht. Das Kapital wird von 200.000 Aktionären gehalten. Damals betrug der Ausgabenpreis 165 Mark. Derzeit liegt der Börsenkurs bei über 200 Mark. Das Jahr 1987 bezeichnete Vorstandsmitglied Rudolf Escherich als „wieder erfolgreich“ für die VIAG–Gruppe. Der Umsatz verringerte sich um 2,7 Prozent auf 8,4 Milliarden Mark. Der Rückgang ist auf Preissenkungen im Gasgeschäft und niedrigere Aluminiumerlöse zurückzuführen. Gut die Hälfte des Umsatzes entfällt auf den Bereich Aluminium, ein Drittel auf Energie und 14 Prozent auf Chemie. Zur VIAG– Gruppe gehören insgesamt 120 Gesellschaften.