piwik no script img

VI. Parteitag der KP auf KubaKubas Wirtschaft wird privater

Zentral bleibt die staatliche Planwirtschaft -mit einem neuen Schuss ökonomischer Privatinitiative. Die Zusammensetzung des Politbüros blieb zunächst unklar.

Militärparade in Havanna anlässlich des Parteitags. Bild: reuters

BERLIN taz | Der Montag war der Tag der Entscheidungen im Kongresszentrum in Havanna. Dort tagen die rund tausend Delegierten der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) seit Samstag. Es ist, so hat es der US-Kubakenner William LeoGrande, im Vorfeld gesagt, der wichtigste Kongress seit der Gründung der Partei, weil "fundamentale Änderungen am Wirtschaftsmodell vorgenommen werden sollen" Die können nun umgesetzt werden, denn die Wirtschaftsreformen, die die politische Führung den Genossen vorgeschlagen hat, sind am Montag durchgewunken worden. Nicht in einzelnen Abstimmungen sondern im Paket, wie das kubanische Fernsehen berichtete. Im Vorfeld waren auf tausenden kleinen Parteiversammlungen Änderungsvorschläge erarbeitet worden, von denen ein Teil in das zum Parteitag vorliegende Dokument Eingang gefunden hat.

Den Verantwortlichen für die Umsetzung der nun anstehenden Reformen hat Staatschef Raúl Castro bereits im Vorfeld des Kongresses benannt.: Marino Murillo. Der war bis Ende März Wirtschaftsminister und ist nun so etwas wie der Superminister für die Umsetzung der Parteitagsbeschlüsse. Dabei gilt das folgende Prinzip, wie Murillo auf dem Parteitag ausführte: "Nur der Sozialismus ist in der Lage, die Errungenschaften der Revolution zu verteidigen und in der Aktualisierung des ökonomischen Modells wird die Planwirtschaft vorherrschen."

Der Rahmen ist also klar abgesteckt. Kuba wird privater, aber unter staatlicher Kontrolle. Genau das hatten kritische Ökonomen wie der Dissident Oscar Espinosa Chepe erwartet und gleichzeitig gewarnt, dass dieses Modell zu kurz greife.

Viele Details sind noch nicht bekannt, zum Beispiel die Modalitäten des zukünftig legalen An- und Verkaufs von Grundbesitz. Klar ist nur, dass eine Konzentration von Eigentum nicht geduldet werde, so hat es Staatschef Raúl Castro in seiner Eröffnungsrede bereits angekündigt.

Grundsätzlich soll die Aktualisierung des Wirtschaftsmodells den Staatsunternehmen mehr Autonomie und weniger Bürokratie bringen und die hyperzentralisierte Wirtschaft etwas dezentraler machen. Neue Impulse für die Landwirtschaft, einst der wichtigste Sektor der Ökonomie, scheint der Kongress allerdings nicht gebracht zu haben. Zwar soll die Verteilung von Land an Klein- und Neubauern weitergehen, doch das Korsett an Regeln und Bestimmungen, die deren Autonomie einschränken, wird beibehalten.

Dabei sind die harten Zahlen, die gerade von offizieller Seite bekannt wurden, entmutigend. So wurde seit 2008 zwar 1,2 Millionen Hektar staatliches Brachland an 143.000 Klein- und Neubauern verteilt, aber der ökonomische Effekt ist bisher alles andere als positiv. Neue Impulse angesichts steigender Ausgaben für Agrarimporte und sinkender Produktion bei mehreren Agrarprodukten hätten durchaus Signalcharakter haben können.

Auch die Zusammensitzung der Zentralkomitees und die des deutlich kleineren Politbüros war kurz vor dem Ende des Parteitags nicht zu erfahren. Bereits am Dienstag vormittag wurde Raúl Castro als Nachfolger seines Bruders Fidel zum Parteichef gewählt. Fidel Castro hatte erklärt, keinerlei neuen Posten antreten zu wollen. Wie jedoch die neuen Gesichter in der Beletage der PCC aussehen werden, war noch vollkommen unklar. Ein wenig Aufschluss könnte die abschließende Rede Raúl Castros am Dienstagabend bringen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • UH
    Udo Henn

    Liebe Tania,

     

    du hast die Freiheit, in Deutschland eine kommunistische Partei zu gruenden. In Kuba koenntest du keine neue Partei gruenden, da nur die PCC(kommunistische Partei Kubas) zugelassen ist.

     

    Es duerfte dir aber schwer fallen, hier Anhaenger zu finden, da die Menschen mehr Vertrauen in die "kapitalistischen" Parteien haben und es ihnen und auch unserer Umwelt damit besser geht als z.B. in Kuba.

     

    Aber ich respektiere durchaus deine Werteskala, es ist bei weitem nicht alles perfekt in Deutschland.

  • T
    Tania

    @Udo Henn

    auch bei uns hat die Opposition (ich meine jetzt nicht ebenso nach kapitalistischen Grundsätzen handelnde Parteien wie SPD und Grüne) quasi keine gleichberechtigte Möglichkeit an die Regierung zu kommen. Die Medien sind in der Hand der Konzerne, Linke werden diffamiert und bespitzelt, kommunistische Parteien sind ganz verschwunden. Bei uns läuft das alles subversiver, oder warum werden Politiker schon in den Medien zerrissen, wenn sie nur das Wort Kommunismus in den Mund nehmen? Das ist Zensur von den Medien! Dass bei uns friedliche Demonstranten verprügelt und verletzt werden, wissen wir seit Stuttgart 21, solche Massengewalt gegen das Volk habe ich aus Kuba noch nicht gehört. Außerdem ist Kuba eine sozialistische Regierung, nicht kommunistisch. Das antisoziale und umweltzerstörerische Kräfte wie beim Kapitalismus dort verboten sind (z.B. Verkauf von lebensnotwendigen Resourcen und Dienstleistungen wie Erde, Wasser, Energie, Telekommunikation, öffentlicher Nahverkehr etc. an monopolaritg handelde Konzerne), finde ich moralisch korrekt und notwendig. Es gibt viele Sachen, die auch bei uns verboten sind, bei uns wird Mensch und Natur unzureichend geschützt, Kapital und Besitz einzelner um so mehr. Das sind bei uns andere Werte, wir sind dadurch nicht freier, insbesonder nicht die Menschen, die wenig Wert auf Besitz legen, sondern Mensch und Natur lieben, sind hier unfreier. Reisen kann bei uns auch nicht jeder!

  • UH
    Udo Henn

    Liebe Tania,

    "Wahlen" in Kuba sind nicht mit den unsrigen zu vergleichen. Das Parlament besteht ausschliesslich aus Vertretern der kommunistischen Partei, Opposition ist nicht zugelassen. Man koennte diesen Prozess eher mit den frueheren Wahlen in der DDR vergleichen.

  • T
    Tania

    Selbst die Tagesschau der ARD berichtet neutraler als die Taz über Kuba. Zum Beispiel wurde dort auch erwähnt, dass auch in Kuba das Staatsoberhaupt gewählt wird, vom Parlament, wie bei uns. Dass bei uns bestimmte Parteien behindert und durch die Medien diffamiert werden, und z.B. die Linke Partei sogar in Baden-Württemberg bespitzelt wird, Kommunismus, der gar nicht gegen unser Grundgesetz verstößt,quasi nicht gewählt werden darf, das ist die gleiche Zensur bei uns, wie in Kuba, nur von der anderen Seite aus. Warum ständig von unserer Reisefreiheit gepriesen wird, verstehe ich auch nicht, deutscher Reisepass kostet viel Geld . Ich habe auch gerade Besuch aus Peru: die deutsche Botschaft verlangt erst mal 300 Euro für Visa und Papiere, bevor Leute aus Entwicklungsländern zu uns dürfen. Wer arm ist, darf auch in kapitalistisch orientierten Ländern nicht verreisen, das wird nicht durch Gesetzte, sondern Geldhürden gewährleistet.

  • OC
    Otto Cherburg

    Wieder ein gloreicher Sieg des Marxismus-Senilismus!

  • A
    Anna

    Kuba ist das einzige Land auf der Welt, dass nachhaltig wirtschaftet, dass kann man gar nicht oft genug betonen, steht hier aber wieder nicht. Jede Wirtschaftspolitk ist nichts wert, wenn sie nicht nachhaltig ist. Kuba kann trotzdem seine Bevölkerung ernähren, bietet Bildung und Medizin für alle - und das trotz Wirtschaftsembargo. Vergibt sogar Stipentien ans Ausland.

    Selbst anerkannte US Ökonomen haben schon festgestellt, dass die Wirtschaftspolitik Kubas hervorragend ist. Komisch auch, dass bei einem Wirtschaftthema eine Militärparade gezeigt wird, wird in Deutschland auf jeden Fall nicht gemacht. Schön wäre es, zu zeigen, wie die rundum im Bioanbau betriebene Landwirtschaft aufssieht. Schade, dass die Taz so einseitig ist.

  • A
    Antimilitarist

    Diese Militärparaden, einfach eklig!

  • SA
    Sozialismus abwracken!

    Man sollte auf Cuba endlich freie Wahlen durchführen damit die Bevölkerung den Sozialismus abwählen können! Andernfalls sollte die UN auch dort wie bei Libyen eingreifen und das Regime absetzen!

  • K
    Kommentator

    Wie jetzt wohl die Castro-Freunde in der Plattform Cuba Si der Partei "Die Linke" reagieren?

    Der FDP beitreten?

    @Redaktion: Das wäre doch interessant, nicht?