piwik no script img

Archiv-Artikel

VERKEHRS- UND FINANZMINISTER VERWECHSELN IHRE ÄMTER Der Maut-Ärger ist noch längst nicht vorbei

Keine Pannen, viel Geld – alles bestens im ersten Jahr mit der Maut. Vergessen sind die Millionenverluste, weil sich die deutsche Industrie überschätzt hatte und den Hightech-Wegezoll nicht zum Laufen brachte. Das Debakel um die moderne Gebühr hat vier SPD-Verkehrsminister beschäftigt: Franz Müntefering, Reinhard Klimmt, Kurt Bodewig und Manfred Stolpe. Der neue, Wolfgang Tiefensee, darf nun kassieren. Für ihn ist die Maut kein Problem mehr, nur noch eins: eine zuverlässige Einnahmequelle.

Aber genau das erweist sich als Hindernis, denn der neue Minister lässt die Maut zur Geldbeschaffung verkommen. Die Gebühr war einst gedacht, um den Verkehr zu lenken. Die Logistiker sollten mehr Güter auf die Schiene bringen. Doch die Straße bleibt konkurrenzlos billig, weil die Regierung die Spediteure tricksen lässt.

Trick Nummer 1: Die Laster prellen hier und da die Maut. Beliebter ist allerdings Nummer 2: Sie flüchten und sparen sich die Gebühr, biegen auf bislang wenig befahrene Bundesstraßen ab, bilden Staus und verpesten mit ihren Abgasen die Ortschaften. Unauffälliger ist Trick 3: Die Fuhrunternehmer specken ab und melden Kleinlaster an, die von der Mautpflicht ausgenommen sind.

Den Spediteuren ist da kein Vorwurf zu machen. In ihrem Geschäft bleibt nur, wer die billigsten Fuhren anbietet. Jeder Cent zählt. Aber verkehrspolitisch muss sich etwas bewegen, damit sich weniger Laster auf den Straßen drängeln. Was sich der neue Minister vornimmt, reicht nicht, denn er will nur ein paar Bundesstraßen bemauten. Er muss aber die Maut erhöhen, für alle Laster, überall.

Was Tiefensee nicht verstanden hat, könnte nun der Finanzminister richten. Um Haushaltslöcher zu stopfen, will Peer Steinbrück die Autobahnen an private Investoren verhökern. Diese kassieren ganz sicher einen Wegezoll auch für Pkw. So könnte immerhin die Geldbeschaffung à la Steinbrück verkehrspolitisch sinnvoll sein. Die Spediteure aber hätten ihre kleinen Transporter ganz umsonst gekauft. HANNA GERSMANN