V-Mann bei den Rockern: Vor Jahren Hinweise auf NSU

Ein Kronzeuge gegen die Hells Angels soll als V-Mann tätig gewesen sein. In dieser Funktion gab er auch früh Hinweise auf das NSU-Trio. Die Behörden verfolgten diese nicht.

Gelegentlich kommt die Legion 81 doch ins Visier der Behörden, wie hier bei einer Polizeikontrolle im Spree-Neiße-Kreis. Bild: dpa

KIEL dpa | Ein Kieler Rocker-Aussteiger und Kronzeuge gegen die Hells Angels soll nach einem unbestätigten Medienbericht als V-Mann für den Verfassungsschutz gearbeitet und Kontakte zu den mutmaßlichen NSU-Terroristen gehabt haben. Der Ex-Rocker sei dazu auch von der Generalbundesanwaltschaft vernommen worden, wie die Kieler Nachrichten am Freitag berichteten.

Der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Marcus Köhler, erklärte dazu nur: „Die bisherigen Ermittlungen haben keine belastbaren Anhaltspunkte für strafrechtlich relevante Verbindungen zwischen den drei mutmaßlichen NSU-Mitgliedern und Gruppierungen aus dem sogenannten Rocker-Milieu ergeben.“

Weitere Angaben lehnte der Sprecher auf dpa-Anfrage ab: „Welche Ermittlungsschritte im Einzelnen zu diesem bisherigen Beweisergebnis geführt haben, kann schon mit Blick auf die noch laufenden Ermittlungen nicht mitgeteilt werden“, sagte er. Von anderen Behörden gab es dazu keine Auskunft.

Tips vor Polizeiaktionen

In den Kieler Nachrichten hieß es unter Berufung auf Justizkreise, dass der aus Ostdeutschland stammende Ex-Rocker bereits vor Jahren Hinweise auf geplante Straftaten des Neonazi-Trios Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gegeben haben soll. Diesen sei nicht genügend nachgegangen worden. Für seine Informationen habe er vor Polizeiaktionen Tipps bekommen.

Der Ex-Rocker war Chef der „Legion 81“, einem Unterstützerclub der inzwischen in Kiel verbotenen Hells Angels. In der Untersuchungshaft stieg er aus und löste im Mai die bisher größte Polizeiaktion in Schleswig-Holstein gegen die kriminelle Rockerszene aus. Aufgrund seiner Aussagen wurde auch wochenlang vergeblich in einer Kieler Lagerhalle nach der Leiche des vermissten Türken Tekin Bicer gesucht.

Der Aussteiger wurde im Juni zu vier Jahren und vier Monaten Haft verurteilt, ist im Zeugenschutzprogramm und packt weiter über die organisierte Kriminalität der Rocker aus – Prostitution, Drogen- und Waffenhandel, Schutzgelderpressung und sogar Mordaufträge. Auf seinen Aussagen basieren weit über 200 Ermittlungsverfahren. Drei Prozesse gegen führende Kieler Hells Angels beginnen noch in diesem Jahr am Kieler Landgericht, der erste am 24. Oktober. Alle stehen unter größten Sicherheitsvorkehrungen. Der Ex-Rocker ist als Zeuge geladen.

Polizei und Verfassungsschutzämter beobachteten zuletzt eine zunehmende Nähe von Rockern und Neonazis. Immer wieder registrieren die Ermittler dabei, dass Rocker ihren rechten Freunden Waffen besorgen. Ende September gab es Hinweise ins Berliner Rocker-Milieu. Eine DNA-Spur, die nach einer Schießerei vor dem Clubhaus der Bandidos in Berlin-Wedding am 5. Juli gefunden wurde, stimmt zumindest teilweise mit einer Spur aus dem letzten Versteck der Terrorzelle NSU in Zwickau überein.

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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

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■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

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