Uwe Rada über Jamaika und Rot-Rot-Grün: Weniger Einfluss beim Bund
Uwe Rada ist taz-Redakteur für Stadtentwicklung
Wenn am heutigen Mittwoch die Jamaika-Sondierungen beginnen, werden sich die Berlinerinnen und Berliner vielleicht bald wehmütig an Wolfgang Schäuble erinnern. Zwar hat der Bundesfinanzminister dem Senat ein ums andere Mal das Leben schwergemacht und Bundesimmobilien einfach an den mit dem dicksten Geldbeutel verhökert.
Aber Schäuble hat eben auch den Hauptstadtfinanzierungsvertrag unterschrieben, und der ist für Berlin ein echter Segen. Eingetütet wurde das noch unter Wowereit und Rot-Schwarz in Berlin. Aber auch seit in Berlin Rot-Rot-Grün regiert, ist der Einfluss der Landes- auf die Bundespolitik nicht zu unterschätzen. Über den Bundesrat etwa organisierte der Berliner SPD-Finanzsenator ein Veto gegen den Verkauf des Dragoner-Areals. Und auch Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) war eine Freundin der Hauptstadt.
Was aber hat der Berliner Senat von Jamaika zu erwarten?
Zunächst einmal einen Wechsel derer, die den Gesprächskanal mit dem Bund pflegen. Statt der SPD wären das dann die Grünen. Der kleinste Koalitionspartner auf Landesebene muss dann über den kleinsten Koalitionspartner auf Bundesebene dafür werben, dass die Interessen des Landes nicht im Jamaikanebel verlorengehen. Das wird schon schwer genug sein.
Noch schwieriger könnte es werden, wenn die FDP sich durchsetzen und das Finanzressort bekommen würde. Ein Wechsel in der Liegenschaftspolitik des Bundes wäre da nur noch schwer vorstellbar. Und ein Außenminister Cem Özdemir wäre zwar ein symbolischer Akt für die Bunte Republik Deutschland, aber Berlin hätte davon nicht allzu viel.
Allerdings könnte es sein, dass der Bundesrat bei Jamaika an Bedeutung gewinnt. Anders als die Groko hätte ein schwarz-gelb-grünes Regierungsbündnis keine natürlichen Partner auf Länderebene, sieht man mal von Schleswig-Holstein (oder bald Niedersachsen) ab. Angela Merkel müsste bei den zustimmungspflichtigen Gesetzen bei den Ländern in die Bütt gehen – da lässt sich schon mal das ein oder andere rausholen. Erst recht, wenn ab 3. November Michael Müller (SPD) ein Jahr lang Bundesratspräsident sein wird.
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