Utz Claasen: Der Bulle verlässt die EnBW-Arena
Der Vorstandschef des baden-württembergischen Energieriesen verlässt seinen Posten. Er wird nun als neue RWE-Spitze gehandelt. Oder zieht es ihn doch in die Politik?
Der Bulle ist brutal. Zumindest wenn es um die Sanierung von Unternehmen geht. In Barcelona hat Schwergewicht Utz Claassen als Manager bei Seat so hart durchgegriffen, dass man auf ihn schoss. Damit müsse man leben, wenn man sauber mache, sagte er dazu.
Auch beim Karlsruher SC hat er für Ärger gesorgt, denn er soll hinter der Entlassung des Trainers Reinhold Fanz gesteckt haben. Der KSC wird nämlich vom Energieversorger EnBW gesponsert, den Claassen noch als Vorstandschef leitet. Auch dort hat er "aufgeräumt". In kürzester Zeit verkaufte er 154 Firmenbeteiligungen und holte den Konzern aus den roten Zahlen. Ein Image als Bambi bekomme man geschenkt, kokettierte er mal. Den Ruf als Rambo müsse man sich verdienen. Bei EnBW war das durchaus lukrativ. Mit einem Jahresgehalt von rund vier Millionen Euro gilt Claassen als bestbezahlter Chef der Branche.
Seit vorgestern Abend ist aus dem Bullen eine lahme Ente geworden, ein Chef auf Abruf. Er stehe für eine Verlängerung seines Vertrages im nächsten Jahr nicht mehr zur Verfügung, teilte Claassen überraschend mit. Offiziell nannte er "strukturelle, professionelle, persönliche und familiäre Gründe". Doch gestern wurde kolportiert, dass wohl ein Streit mit den beiden Hauptaktionären der EnBW, dem französischen Stromkonzern EDF und dem kommunalen Verband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW), Claassen zum Rückzug bewegte. Die sollen sich nämlich hinter seinem Rücken nach einem Nachfolger umgeschaut haben.
Möglicherweise war es ihnen unangenehm, dass Claassen sich demnächst wegen der sogenannten Ticket-Affäre vor Gericht verantworten muss. Als Sponsor der Fußball-WM hat EnBW nämlich einen Staatssekretär im Bundesumweltministerium und sechs Mitglieder der Landesregierung mit bis zu 2.500 Euro teuren Eintrittskarten versorgt.
Wie auch immer - Aktionen hinter seinem Rücken kann einer wie Claassen nicht auf sich sitzen lassen. Schließlich hat er diesen Job nicht nötig. Er wird immer wieder als möglicher Chef von RWE gehandelt, dem zweitgrößten deutschen Energiekonzern. Dort würde er dann gewiss dafür sorgen, dass die EDF den Laden nicht auch noch übernimmt. Entsprechende Gerüchte machten jüngst die Runde.
Vielleicht zieht es Claassen aber auch in die Politik. Der Mann hat gute Verbindungen zur SPD, Exkanzler Schröder hat ihn mal als ministrabel bezeichnet, bei Christiansen und Gottschalk war er auch schon. Ein Buch zum Thema, wie man Deutschland seiner Meinung nach sanieren sollte, hat Claassen ebenfalls bereits geschrieben. Der Titel: "Mut zur Wahrheit".
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