Urteil zu Schacht Konrad: Kein Recht auf Langzeitsicherheit

In dem Gerichtsurteil zum Schacht Konrad sehen AKW-Gegner den "Türöffner für eine Endlagerung zu Lasten späterer Generationen".

Atomkraftgegner sind entsetzt, von den Plänen für Schacht Konrad. Bild: dpa

SALZGITTER taz | Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für ein atomares Endlager in der ehemaligen Eisenerzgrube Konrad in Salzgitter sorgt bei Atomkraftgegnern für Entsetzen. Denn damit habe Karlsruhe die Fragen der Langzeitsicherheit eines atomaren Endlagers der gerichtlichen Überprüfung entzogen.

Noch am Donnerstagabend versammelten sich am Tor des Schachts Konrad über hundert enttäuschte Aktivisten der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad. Aber nicht nur dort löst das Gerichtsurteil Widerspruch aus. Auch an anderen Endlagerstandorten ist deutlich Kritik zu hören. "Das ist der Türöffner für eine Endlagerung zu Lasten späterer Generationen", sagte der Sprecher der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, Wolfgang Ehmke. Die ganze Geologie werde damit bei Klagen gegen ein Endlager ausgeklammert.

Das Bundesverfassungsgericht hatte am Donnerstag entschieden, dass das Atommülllager Schacht Konrad nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Die Gefahr von Schäden für spätere Generationen könne nicht mit Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden.

"Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht der Rechtsweg bei Fragen der Langzeitsicherheit eines Atommüllendlagers nicht offen", sagte Wiltrud Rülle-Hengesbach, Anwältin von Landwirt Walter Traube, der in Karlsruhe gegen die Genehmigung des Endlagers gekämpft hatte. Diese Feststellung sei das Schlimmste der gesamten Entscheidung. Anwohner eines Endlagers könnten sich vor Gericht nur gegen Gefahren während des Versenkens des Atommülls wenden. "Alles, was nach der Schließung des Bergwerks während des eigentlichen Endlagerbetriebs passiert, muss das Gericht bei einer Klage gegen die Genehmigung nicht überprüfen", so Rülle-Hengesbach.

Schon das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hatte vor drei Jahren in seinem Schacht-Konrad-Urteil Kritik an der Langzeitsicherheit der Atommüllkippe mit dem Satz zurückgewiesen: "Die heute Lebenden können auch ein Recht auf den Schutz künftiger Generationen oder Institutionen nicht gerichtlich geltend machen." Das Bundesverfassungsgericht hat in der ausführlichen Begründung, mit der es Traubes Beschwerde erst gar nicht annahm, diese Feststellung nun bestätigt. Rügen der Langzeitsicherheit beträfen Umstände, "aus denen sich eine Verletzung seiner Rechte [des Klägers; die Red.] nicht ergeben könne", heißt es in der Karlsruher Entscheidung.

Nach Meinung der Dortmunder Anwältin Rülle-Hengesbach wäre es angesichts der gescheiterten Endlagerversuche in Morsleben und im Atommülllager Asse aber gerade "Aufgabe des Bundesverfassungsgerichtes gewesen, hier über den Tellerrand hinauszugucken". Die Anwältin erwägt nun, mit der Konrad-Klage vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu ziehen. Der Gerichtshof dort kann allerdings nur Kritik aussprechen oder Strafgelder verhängen und staatliche Entscheidungen nicht direkt korrigieren. JÜRGEN VOGES

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