Urteil zu Neonazi-Angriff: Kein versuchter Totschlag
Ein Schüler entging nach Tritten eines Neonazis nur knapp dem Tod. Dennoch soll dieser nur wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt werden.
FREIBURG taz | Der 25-jährige Neonazi Peter R. aus Fürth wird nicht wegen versuchten Totschlags bestraft. Der Bundesgerichtshof (BGH) lehnte am Mittwoch eine entsprechende Revision der Staatsanwaltschaft und des einstigen Opfers ab.
Im April 2010 kam es in der Nürnberger U-Bahn zu einer Auseinandersetzung. Ein damals 17-jähriger deutschkurdischer Schüler traf auf R. und seine Begleiterin, die eine Bauchtasche der bei Rechtsradikalen beliebten Marke Thor Steinar trug. Als der Schüler dies kritisierte, schlug und trat ihn der Neonazi. Ein erster Tritt traf den Schüler in den Magen, ein zweiter ins Gesicht. Da lag der Deutschkurde schon am Boden.
Zwar konnte sich der Jugendliche noch einmal aufrappeln und aussteigen, doch dann brach er zusammen. Er erlitt einen Atem- und Herzstillstand. Der 17-Jährige entging nur knapp dem Tod und musste mehrfach operiert werden. Noch heute leidet er körperlich und psychisch unter den Folgen.
Von der Tötungsabsicht zurückgetreten
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte den einschlägig vorbestraften R. im März 2011 zu fünfeinhalb Jahren Haft wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung verurteilt - R. hatte den Schüler auch noch "Zecke" genannt. Die Staatsanwaltschaft und das Opfer forderten eine höhere Strafe wegen versuchtem Totschlags.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs lehnte die Revision nun ab. Selbst wenn man beim Tritt gegen das Gesicht bedingten Tötungsvorsatz annehme, so sei R. jedenfalls von einem Tötungsdelikt freiwillig wieder zurückgetreten. Denn R. sei an der gleichen U-Bahn-Haltestelle ausgestiegen wie der Schüler, ohne sich weiter um ihn zu kümmern, so der BGH. Dass dieser zusammenbrach, bekam R. gar nicht mehr mit. Das Urteil des Bundesgerichtshofs hat keinen grundsätzlichen Charakter. (Az. : 1 StR 400/11)
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