piwik no script img

Urteil in Frankreich„Homo“ ist nicht homophob

Ein Pariser Arbeitsgericht urteilt, einen Friseur „Homo“ zu nennen, sei nicht schwulenfeindlich. Die Homosexuellenverbände protestierten.

... schließlich sei „bekannt“, dass in Friseursalons häufig Schwule arbeiteten Foto: dpa

Paris afp | Einen Friseur als „Homo“ zu bezeichnen, ist nicht schwulenfeindlich – mit diesem Urteil hat ein französisches Arbeitsgericht einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Arbeitsministerin Myriam El Khomri sprach am Freitag von einem „skandalösen“ und „schockierenden“ Urteil, auch Homosexuellenverbände protestierten. Das Pariser Arbeitsgericht hatte geurteilt, einen Friseur „Homo“ zu nennen, sei nicht schwulenfeindlich – schließlich sei „bekannt“, dass in Friseursalons häufig Schwule arbeiteten.

Ein junger Angestellter eines Pariser Friseursalons in der Probezeit hatte im Oktober 2014 von seiner Ladenmanagerin irrtümlich eine SMS erhalten – die Nachricht betraf zwar ihn, war aber nicht für ihn bestimmt. „Ich behalte ihn nicht, ich sage es ihm morgen“, stand in der SMS. „Ich hab‘ bei dem Typen kein gutes Gefühl: Er ist ein Homo, die ziehen alle hinterhältige Dinger ab.“

Tatsächlich wurde dem jungen Mann am folgenden Tag gekündigt – er zog daraufhin vor das Arbeitsgericht und klagte wegen Diskriminierung aufgrund seiner sexuellen Orientierung.

Vor Gericht räumte seine frühere Arbeitgeberin zwar ein, sich im Ton vergriffen zu haben. Das Wort „Homo“ sei aber schon lange Teil der normalen Alltagssprache, sie habe es „überhaupt nicht abschätzig oder schwulenfeindlich“ gemeint. Entlassen worden sei der junge Mann, weil er langsam gearbeitet und sich schlecht eingefügt habe.

„Im Kontext des Friseurmilieus sieht das Arbeitsgericht den von der Managerin benutzten Begriff ‚Homo‘ nicht als homophobe Äußerung an“, schrieb das Gericht in seiner Urteilsbegründung. „Denn es ist bekannt, dass Friseursalons regelmäßig homosexuelle Personen anstellen, unter anderem in Frauen-Friseursalons, ohne dass dies zu Problemen führt.“

„Ich finde das zutiefst skandalös“, sagte Arbeitsministerin El Khomri am Freitag im Sender RTL. Vertreter von Homosexuellenorganisationen kritisierten, das Urteil verbreite schwulenfeindliche Vorurteile und trage zu einem Klima der Homophobie in Frankreich bei.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • In der Tat ein wirklich weltfremdes Urteil und vor allem eines, das offenbar überhaupt kein Gefühl für die Funktionsweise von Sprache mitbringt.

    Das Gericht scheint den Begriff "Homo" hier völlig isoliert betrachtet zu haben, dabei ist es in einen ganz eindeutigen Satzkontext eingebunden. Die Ladenmanagerin äußert Ablehnung gegenüber der Person und begründet es dann mit seiner Homosexualität (dabei ist es an der Stelle fast egal, welchen Begriff sie nutzt). Eindeutiger geht es kaum.

    Dass das Gericht das nicht gesehen hat und einfach die Gesamtaussage ignoriert, grenzt an aktives Wegschauen.