Urteil im Prozess um neun tote Babys: Mutter erhält Höchststrafe
Die Frau, die neun ihrer Babys sterben ließ, muss für 15 Jahre in Haft. Gericht sieht sie als voll schuldfähig an.
FRANKFURT (ODER) taz/dpa Sabine H. muss nun doch für 15 Jahre ins Gefängnis. Mit seinem Urteil folgte das Landgericht in Frankfurt (Oder) dem Antrag der Staatsanwältin. Sie hatte die Mutter von neun toten Babys als "voll schuldfähig" eingestuft. Der Versuch des Anwalts, das Strafmaß zu senken, ist gescheitert.
Die 42-Jährige stand zum zweiten Mal vor Gericht. 2006 wurde sie zu 15 Jahren Haft verurteilt - weil sie acht Kinder unversorgt sterben ließ. Ein weiterer Todesfall ist verjährt. Im Februar begann vor dem Frankfurter Landgericht der Berufungsprozess. Er kreiste um die Frage, ob die Mutter voll schuldfähig war.
2007 hatte der Bundesgerichtshof zwar den Schuldspruch wegen Totschlags bestätigt. Es hätte aber stärker geprüft werden müssen, wie sich Sabine H.s Alkoholsucht ausgewirkt habe - und ob sie psychisch ganz gesund sei. Die beiden Gutachter allerdings, die Sabine H. beurteilt hatten, stuften die 42-Jährige als voll schuldfähig ein. Ihr Anwalt sah das anders: Man könne "nicht ausschließen, dass sie vermindert schuldfähig war". Er forderte, das Strafmaß deutlich herabzusetzen. Das Gericht aber blieb bei der Höchststrafe, die für Totschlag verhängt wird.
Am Montag noch hatte der Anwalt versucht, das Verfahren aufzuhalten. Sein Argument: Die Rolle des Kindsvaters ist nicht abschließend geklärt. War er wirklich so unwissend, wie er ausgesagt hat? Jetzt im zweiten Prozess hat Sabine H. ihren Mann belastet. Gerade laufen die Ermittlungen. Die Ergebnisse sind nach Ansicht des Anwalts auch für seine Mandantin relevant. Denn an ihnen hängt, ob ein Argument noch gilt: dass Sabine H. bei den Geburten geistig klar gewesen sein muss. Sonst hätte sie nicht so sorgsam die Leichen verbergen können, dass nicht einmal ihr Mann etwas bemerkt hat. Das Gericht indes lehnte den Aufschub ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!