Urteil gegen Schwarzfahrer: Nicht gerade ein billiges Kostüm
Ein Kölner Gericht hat entschieden: Eine Mütze, auf der „Ich fahre schwarz“ steht, zählt nicht als Fahrkarte. Nicht mal zum Karneval.
An so einem 11.11., noch dazu im Jahr 2011, bestieg in Köln ein junger Jeck den ICE nach Frankfurt. Er trug scheinbar eine ungewöhnliche Verkleidung: Eine Wollmütze, an der ein deutlich sichtbarer Zettel steckte. Darauf stand: „Ich fahre schwarz“. Als der Schaffner kam, war der Spaß schnell beendet. Der Mann mit der Mütze hatte tatsächlich kein Ticket – und galt nicht als Karnevalist, sondern als Schwarzfahrer. Das Oberlandesgericht Köln entschied nun, fast vier Jahre später: Zu Recht.
Es bestätigt in letzter Instanz ein Urteil des Amtsgerichts Siegburg, das den Mann wegen „Beförderungserschleichung“ zu einer Geldstrafe von 200 Euro verurteilt hatte. Er selbst erklärte, nichts erschlichen zu haben – schließlich habe er durch seine Mütze gar nicht erst den Eindruck erweckt, die Fahrt zu bezahlen. Mit diesem Argument scheiterte schon ein Schwarzfahrer aus Hannover vor Gericht. Er hatte sich allerdings noch mehr Mühe gemacht und die Ankündigung seiner Schwarzfahrt auf ein T-Shirt gedruckt.
Im Fall des Mützenmanns fand wohl auch das Kölner Gericht, dass er sich gut verkleidet habe – als braver Fahrgast nämlich, da er sich nicht gleich beim Schaffner meldete und seinen Zettel vorzeigte. Außerdem bestünde die Möglichkeit, noch während der Fahrt ein Ticket zu kaufen. Der Mann habe es aber auf die Kontrolle ankommen lassen und sich damit der Beförderungserschleichung strafbar gemacht.
Vielleicht hätte er mehr Glück gehabt, wenn er die Mütze und den Zettel als Karnevalskostüm geltend gemacht hätte? Im Strafgesetzbuch fehlt ein entsprechender Paragraph bisher. Das Motto der Kölner Karnevalisten lautet in diesem Jahr übrigens „Mer stelle alles op der Kopp“ – wir stellen alles auf den Kopf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was