Ursache für Grenfell Tower-Brand: Feuer durch defekten Kühlschrank

Die Brandursache ist geklärt. Jetzt erwägen die Ermittler eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung. Wie viele Menschen sich im Gebäude aufhielten, bleibt unklar.

Ein Mann und Frau schauen auf die Grenfell Towers

Das Unfassbare verstehen wollen: Mindestens 79 Menschen starben bei dem Hochhausbrand Foto: dpa

LONDON afp/dpa | Der verheerende Brand im Londoner Grenfell Tower ist durch einen defekten Kühlschrank ausgelöst worden. Die Ermittler seien auf eine defekte Gefrier-Kombination des Typs Hotpoint FF175BP als Brandursache gestoßen, teilte eine Polizeisprecherin am Freitag mit. Nach ihren Angaben fiel zudem die Verkleidung des Hochhauses bei allen „Sicherheitstests“ durch. Die Polizei erwägt wegen der Katastrophe, der mindestens 79 Menschen zum Opfer fielen, Anklagen unter anderem wegen fahrlässiger Tötung.

Bislang habe es für das betreffende Kühlschrank-Modell keinen Rückruf gegeben, sagte Fiona McCormack von der Londoner Polizei. Der Hotpoint FF175BP war zwischen 2006 und 2009 von Indesit gebaut worden, später wurde das Unternehmen von dem US-Hersteller Whirlpool übernommen.

Whirlpool erklärte, es behandle das Problem mit „höchster Dringlichkeit“ und werde den Ermittlern in allen Fragen beiseite stehen. Der Konzern rief Besitzer von Kühlgeräten der Modelle FF175BP und FF175BG auf, sich zu melden.

Kurz nach dem Brand waren bereits die Außenverkleidung und Dämmung des Grenfell Tower für die rasche Ausbreitung des Feuers verantwortlich gemacht worden. McCormack erklärte dazu am Freitag: „Alles, was ich derzeit sagen kann, ist, dass sie keinerlei Sicherheitstests bestehen.“ Die Fassade des 1974 erbauten Hochhauses war erst im vergangenen Jahr erneuert worden.

Die Polizei untersuche nun mögliche Vergehen aller am Bau und an der Renovierung beteiligten Unternehmen, führte die Polizeisprecherin aus. Untersucht würden allgemeine Sicherheitsverstöße und Verstöße gegen den Brandschutz. „Wir gehen jeder Straftat nach, angefangen bei fahrlässiger Tötung“, sagte McCormack.

Womöglich können nicht alle Leichen identifiziert werden

Als Konsequenz aus der Brandkatastrophe hatten die Behörden eine Untersuchung von mindestens 600 ähnlich gebauten Hochhäusern mit Sozialwohnungen in ganz England veranlasst. Bei elf Gebäuden wurden bereits ebenfalls brennbare Außenverkleidungen festgestellt, davon fünf in einer Wohnanlage im Norden Londons.

Aus dem ausgebrannten Grenfell Tower wurden mittlerweile alle Leichen, die als solche identifiziert werden konnten, fortgebracht, wie die Polizeisprecherin erläuterte. Sie verwies auf die „grausame Wahrheit, dass wir womöglich wegen der intensiven Brandhitze nicht alle finden oder identifizieren können, die gestorben sind“.

Die Zahl der Opfer könnte laut Polizei auch deshalb höher liegen als bisher bekannt, weil in dem 24-stöckigen Grenfell Tower einige Menschen illegal gewohnt haben könnten. Die Suche nach weiteren Opfern und ihre Identifizierung könne noch bis Ende des Jahres andauern, erkläre McCormack.

Die Polizei rief die Öffentlichkeit erneut auf, sich mit Informationen über mögliche weitere Bewohner des Grenfell Tower an sie zu wenden. Die britische Premierministerin Theresa May hatte am Donnerstag versichert, dass auch Bewohner des abgebrannten Hochhauses ohne Bleiberecht Hilfe erhielten.

Der englische Fußballverband (FA) kündigte am Freitag an, die Einnahmen des „Community Shield“-Spiels zwischen den Londoner Clubs FC Chelsea und Arsenal für die Opfer des Brands zu spenden. Zu dem Spiel am 6. August würden alle Überlebenden, Angehörige der Opfer sowie die beteiligten Rettungskräfte eingeladen. Auf dieses Weise wolle der Fußball „etwas zurückgeben an diejenigen, die es am nötigsten brauchen“, erklärte FA-Präsident Greg Clarke.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.