Ursache der Ehec-Infektionen geklärt: Der Sprossenhof ist unschuldig
Dem Biobetrieb sei keine Fahrlässigkeit nachzuweisen, erklärt die Staatsanwältin. Samen für Sprossen wurden aus Ägypten in mindestens zwölf Länder in der EU geliefert.
BERLIN taz | Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat die Vorermittlungen gegen die Verantwortlichen des Biohofs im niedersächsischen Bienenbüttel wegen der mit Ehec-Keimen belasteten Sprossen eingestellt. Selbst wenn die Sprossen den Keim übertragen haben sollten, wäre den Verantwortlichen des Biohofs dies strafrechtlich nicht vorzuwerfen, teilte eine Behördensprecherin am Dienstag mit.
Es hätten sich keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Geschäftsführer frühzeitig Kenntnis von einer Verunreinigung erhalten und die Sprossen trotzdem weiter vertrieben hätten. Die gesetzlichen Anforderungen im Lebensmittelbereich seien erfüllt worden. Es sei weder vorsätzliches noch fahrlässiges Verhalten nachzuweisen.
Der Hof bleibt aber dem niedersächsischen Landwirtschaftsministerium zufolge solange gesperrt, bis die Lebensmittel- und Gesundheitsbehörden ihre Untersuchungen des Falls abgeschlossen haben. Danach könnte die Sperrung des Biohofes unter bestimmten Auflagen wieder aufgehoben werden. Dazu gehörte eine gründliche Desinfektion der Anlage.
Im Interesse des Hofs dürfte auch sein, dass die Bundesbehörden die These bekräftigten, wonach bestimmte ägyptische Lieferungen von Bockshornkleesamen für die Sprossenproduktion mit hoher Wahrscheinlichkeit die Ehec-Ausbrüche in Deutschland und Frankreich verursacht hätten.
Einige Fragen noch offen
Mit den Samen ließen sich alle 41 Ausbruchscluster erklären, die durch Sprossenlieferungen von dem Hof in Bienenbüttel verursacht wurden. Als Cluster bezeichnen Wissenschaftler Erkrankungen, die miteinander in Verbindung gebracht werden.
Der Chef des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Helmut Tschiersky-Schöneburg, sagte am Dienstag in Berlin, dass nun "Ursache und Verlauf des Ehec-Ausbruchs weitgehend aufgeklärt sind". Einige Fragen sind aber noch offen. Zum Beispiel ist immer noch nicht bekannt, was die Ursache für die übrigen fast 20 Cluster in Deutschland ist. Unklar ist auch bislang, wie und wo der Keim in die Samen gelangte.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) berichtete, dass Teile einer offenbar verseuchten Lieferung Sprossensamen aus Ägypten in viel mehr Länder verschickt worden seien als bislang bekannt.
Aus einem am Dienstag veröffentlichten Efsa-Report geht hervor, dass mindestens zwölf EU-Staaten Teile einer 15.000 Kilogramm schweren Charge aus dem Jahr 2009 erhalten hatten. Der Hof in Bienenbüttel habe davon nur 75 Kilogramm bekommen. Möglicherweise sei die Ware auch ins Ausland außerhalb der Staaten der Europäischen Union gegangen.
Dennoch steckten sich Menschen fast nur in Deutschland und Frankreich mit dem aggressiven Ehec-Keim an. Experten erklären das unter anderem damit, dass nicht alle Körner einer Samenlieferung kontaminiert sein müssen. (Mit dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers