Urlaub ohne Hotelkosten: Tausche Haus!
Marys Haus in New Mexiko ist eine Überraschung und trotz Mr. Darcy's Murren - die mühevolle Suche zahlt sich aus.
Einer, ein Einziger nur, war nicht so begeistert. Mr. Darcy war die Sache mit dem Haustausch suspekt. Er hatte kein Problem damit, dass Mary ins ferne Europa reisen wollte. Hauptsache, es war genug Trockenfutter im Topf, dafür würde schon gesorgt sein. Er konnte gut allein bleiben in dem Haus in den Hügeln nördlich von Santa Fe. Dass dann diese Unbekannten auftauchten, das war in Ordnung. Aber dass diese Leute aus Deutschland ihn aus Schlafzimmer und Bad verbannten, das fand er nicht in Ordnung. Nein, so hatte sich Mr. Darcy, der Kater, das nicht vorgestellt.
Da geriet die erste Nacht in Santa Fe etwas anstrengend. Zuerst miaute Mr. Darcy. Später kratzte er an der Schlafzimmertür. Schließlich warf er sich, der Morgen graute schon, mit Anlauf gegen die Tür, um seine angestammten Rechte einzuklagen. Irgendwann hat er begriffen und trollte sich auf die Coach.Es folgen zwei harmonische Wochen.
Ein Haustausch ist entschieden aufregender als ein All-inklusive-Cluburlaub. Einer der Gründe, warum diese Möglichkeit, Urlaub zu machen, immer beliebter wird. Ein anderer, neben dem finanziellen Vorteil, kein Hotel bezahlen zu müssen, ist die Möglichkeit, in einer fremden Nachbarschaft viel unmittelbarer ins Alltagsleben eintauchen zu können als ein gewöhnlicher Tourist. Mittlerweile gibt es ein halbes Dutzend Internetportale, über die man seine Wohnung anbieten und ein Domizil in der Ferne suchen kann.
Homelink: behauptet, internationaler Marktführer zu sein mit 13.500 Wohnungstauschangeboten. Dafür ist die Mitgliedschaft mit 153 Euro im Jahr nicht billig, beinhaltet aber eine Zusatzversicherung, die schon bestehende Haftpflicht- und Hausratversicherungen ergänzt.(www.homelink.de)
HomeExchange: noch ein Marktführer. Mit angeblich mehr als 39.000 Angeboten in 144 Ländern. 83,40 Euro im Jahr. (www.HomeExchange.com bzw. www.haustauschferien.com)
InterVac: aktiv seit 1953, also schon vor dem Internet. Nach Eigenangaben 30.000 tauschwillige Mitglieder. Ein Jahr kostet 110 Euro. (www.intervac-homeexchange.com bzw. www.haustausch.de)
Home for Swap: ein Jahr Mitgliedschaft für schlanke 53 Euro. Die deutsche Seite ist allerdings eher rudimentär übersetzt. (www.homeforswap.com bzw. www.wohnungtausch.de)
Home for Home: bis vor Kurzem umsonst. Die meisten Angebote in Frankreich und Spanien. (www.homeforhome.com)
HomeSwapHoliday: kostenfrei. Dafür ein sehr überschaubares Angebot aus derzeit nur 238 Möglichkeiten.
Die meisten dieser Webseiten verlangen überschaubare Gebühren, manche bieten ihren Service auch kostenfrei an. Die einen sind bunter, andere haben dafür mehr potenzielle Tauschpartner im Archiv, die nächsten besitzen die ausgeklügelteren Suchfunktionen, und manche beinhalten sogar eine Versicherung. Vom Prinzip funktionieren alle Portale ähnlich: Man preist mit Bildern und Worten sein eigenes Zuhause an. Oder man sucht selbst nach Behausungen, in denen man sich erholsame Wochen vorstellen könnte.
Kurz: Ein solcher Haustauschurlaub beginnt lange vor den Ferien. Und erfordert Geduld: Denn es ist gar nicht so einfach, jemanden zu finden, der im selben Zeitfenster Urlaub machen will, die eigene Heimatstadt besuchen möchte und dann auch noch dort wohnt, wo man selbst hinmöchte. Die Anzahl der Interessenten steigt deshalb nicht unwesentlich, wenn das Haus, das man anzubieten hat, in Reichweite einer attraktiven Urlaubsdestination liegt. Und das anschließende Prozedere vereinfacht sich ungemein, wenn einer dieser Interessenten zeitlich flexibel ist.
Mary ist zeitlich flexibel, schreibt sie, und "open to a swap". Früher einmal war sie Bibliothekarin in einer Highschool, nun ist sie Rentnerin "and loves to travel". Diese Liebe würde Mary gern auf Deutschland ausdehnen, sie ist interessiert an Geschichte, sie will Berlin besuchen, will sehen, wo die Mauer stand. Wir wollen in die USA, wir wohnen in der Nähe von Berlin. Das trifft sich. Es ist Dezember. Im Juli wollen wir reisen.
In den folgenden Monaten gehen regelmäßig E-Mails hin und her zwischen Deutschland und New Mexico. Die Details werden geklärt: Ja, wir wollen auch die Autos tauschen. Ja, unsere Kfz-Versicherungen sind damit einverstanden. Ja, Mary traut sich zu, ein Auto mit Gangschaltung zu fahren. Sie will anreisen am Tag, bevor wir fliegen. Dann will sie uns genau erklären, schreibt sie, wie wir rückwärts aus der Garage fahren, ohne mit den Felsen in ihrem Garten zu kollidieren. "This is going to work out", verspricht sie. Wir werden immer aufgeregter.
Die Bedenken, einem wildfremden Menschen die eigene Wohnung zu überlassen, sind da längst ausgeräumt. Die Aufregung, in die Privatsphäre eines wildfremden Menschen vorzudringen, noch nicht. Eine nicht allzu repräsentative Umfrage hat ergeben: Schlechte Erfahrungen hat niemand gemacht. Es ist wohl so: Die Sorge um die eigenen vier Wände fördert das eigene Verantwortungsbewusstsein. Beim Haustausch ist nahezu alles individuell verhandelbar, aber es gibt eine Regel: Man soll Haus oder Wohnung so hinterlassen, wie man sie vorgefunden hat.
Als Mary ankommt, ist sie müde. Das geplante Informationsprogramm wird verkürzt: die Macken des Autos, der Standort der Mülltonnen, der Weg zum nächstgelegenen Supermarkt, die Waschmaschine. Mary überreicht uns den Schlüssel zu ihrem Haus, dann verschwindet sie im Schlafzimmer.Wir sehen sie nicht mehr, bis unser Flugzeug abhebt.
Ein paar Tage später sind wir in Santa Fe. Marys Haus sieht noch besser aus als auf den Fotos im Internet. Überall handschriftliche Zettel mit nützlichen Hinweisen bis zum Blanko-Scheck für den Tierarzt, sollte es Mr. Darcy nicht gut gehen. Aber Mr. Darcy geht es gut. Nur seine Toilette stinkt in der Garage. Neben der Toilette steht der Lexus von Mary.
Das Ausparken ist kein Problem, die Felsen sind weit genug weg. Am nächsten Tag kommt eine E-Mail. Betreff: "Brrrr …". Der deutsche Sommer meint es nicht gut mit Mary. Sie fragt sich, wo man die Heizung aufdreht. "Ich habe nicht genug warme Kleidung mitgebracht." Und: "Es regnet immer noch", vermeldet sie aus der plötzlich sehr fernen Heimat.
In Santa Fe regnet es nur kurz an den Nachmittagen. Wir entkorken eine Flasche Weißwein auf der Terrasse. Über dem Haus spannt sich ein blauer Himmel. Hinter den Hügeln geht die Sonne blutrot unter. Wir sind nicht mehr aufgeregt. Wir sind glücklich.
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