Urheberrecht auf der Re:publica: Du, Internet, wir müssen reden
Auf der re:publica wurde auch über das Urheberrecht diskutiert. Nicht ohne Provokation und recht unkonkret, aber immerhin fand ein Dialog statt.
BERLIN taz | Sie haben es zumindest mal versucht, sich nicht immer nur zu beschimpfen. Moderiert von Johnny Haeussler, der die am Freitag in Berlin zu Ende gegangene Internetkonferenz re:publica mitorganisiert hat, trafen sich Musiker, Label-Macher und Kritiker des geltenden Urheberrechts und schafften es tatsächlich, einen Dialog zu führen.
Ganz ohne Provokation ging es natürlich nicht. Konrad von Löhneysen bedauerte, dass sein Label „Ministry of Sound“ nicht noch viel mehr Geld mit dem Abmahnen von Leuten verdient, die durch illegales Herunterladen das Urheberrecht verletzen. Die britische Musikerin Roxanne de Bastion warf den Labels dafür vor, Musiker auszubeuten: „Es ist viel einfacher, mit Musikern Geld zu verdienen, als mit Musik Geld zu verdienen.“
Insgesamt war die Diskussion aber sachlich, wenn auch nicht sonderlich konkret – gerade wenn es um Zahlen ging. Conrad Fritzsch, Macher von Tape.tv, ließ sich zwar dafür loben, dass seine Online-Videoplattform anders als Branchengigant YouTube einen Deal mit der Gema ausgehandelt hat und eine Pauschale zahlt. Wie hoch die aber genau ist – das wollte er dann doch nicht verraten.
Genau wie Musikerin de Bastion, die zwar behauptete, sie verdiene über die britische Verwertungsgesellschaft mehr Geld als über den Anteil, der bei Onlinemusikverkäufen für sie übrig bleibt, aber keine Details nannte.
Chancen des Internets
Stattdessen wurde aber viel über die tatsächlichen Chancen des Internets geredet. Also zum Beispiel über die Reichweite, welche das Internet Künstlern und deren Inhalten bietet und die sich vielleicht anderweitig zu Geld machen lässt, als beim bisherigen Modell pro Song oder Tonträger zu bezahlen.
Die Runde sprach über die Notwendigkeit, Bezahlmöglichkeiten im Netz zu vereinfachen, den Wandel hin zu einem Internet, bei dem Nutzer neue Künstler vorgeschlagen bekommen, statt nur die zu suchen, die sie schon kennen. Aber auch über kommerzielle Sackgassen – von USB-Sticks, die auf Konzerten angeboten werden, bis hin zu dem Versuch, aus Filmmusik, die man frei im Netz postet, irgendeine Form von Kapital zu schlagen.
Anstelle eines Vertreters der Gema, der kurzfristig abgesagt hatte, saß Blogger Michael Seemann mit in der Runde – eine interessante Entscheidung, fordert der doch im Gegensatz zur Gema radikal die Abschaffung des Urheberrechts. „Die Idee, wir garantieren euch ein Einkommen über das Urheberrecht, ist Quatsch“, sagte er. Er will stattdessen über das Umverteilen von Geld reden. Davon sei in der Unterhaltungsbranche genug da. Der Markt stelle jedoch keine Gerechtigkeit her. Daher müsse ein bedingungsloses Grundeinkommen her.
Dem widersprach der Online-Videoplattform-Macher Fritzsch: Es werde nicht ausreichend Geld online verdient, auch weil Dienste wie YouTube beim Geldverdienen per Werbung versagten und es dringend einfachere Möglichkeiten geben müsse, für Dienste zu zahlen.
Genau das will die tags zuvor diskutierte Musikstreaming-Plattform Simfy bieten. Mit ihrem Freemium-Modell sollen Nutzer, die an kostenlose Downloads gewöhnt sind, wieder in den Bezahlmarkt eingeführt werden. Wer Werbung über sich ergehen lässt, kann sich 18 Millionen Songs kostenlos streamen lassen – wer die nicht will, muss zahlen.
Holzköpfige Diskussion
Dass die Diskussion über das Urheberrecht auch weiterhin so holzköpfig laufen kann wie derzeit in vielen Massenmedien, hatten am Abend zuvor Drehbuchautor Knut Boeser und Blogger Marcel Weiss demonstriert. Da gab es sie wieder, die alten Fronten: Weiss warf Statistik um Statistik heraus, die nahelegten, die Umsätze der Musikbranche zögen wieder an.
Boeser, Vorstand beim Verband Deutscher Drehbuchautoren, stellte unter reichlicher Verwendung der Worte „Blödsinn“ und „Schwachsinn“ dar, warum er jenen Brandbrief initiiert hatte, den vor einigen Wochen 51 „Tatort“-Autoren an die ominöse Internetgemeinde geschrieben hatten, weil diese die Lebensgrundlage der Autoren zerstören wolle. Ein Dialog kam nicht zustande, man redete einfach aneinander vorbei.
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