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Urgestein des linken KabarretsDietrich Kittner ist tot

Mit seinem Witz kämpfte er gegen die Notstandsgesetze und später gegen Rassismus und soziale Ungerechtigkeit. Nun ist Dietrich Kittner mit 77 Jahren verstorben

Mit der Klampfe und galligem Humor gegen die Staatsgewalt: Dietrich Kittner. Bild: dpa

HANNOVER dpa | Der hannoversche Kabarettist Dietrich Kittner ist am Freitag im Alter von 77 Jahren in seiner Wahlheimat Österreich gestorben. Das teilte sein Management in Hannover mit.

1960 gründete Kittner in Göttingen ein Studentenkabarett. 50 Jahre lang stand er auf der Bühne und betrieb mit seiner Frau mehr als 30 Jahre lang ein eigenes Theater in Hannover, zunächst das Theater an der Bult, später dann bis 2006 das Theater am Küchengraben.

Mit seinen Programmen gegen Rassismus, Militarismus und soziale Ungerechtigkeit tourte Kittner quer durch die Bundesrepublik und erreichte vor allem in den 1960er und 70er-Jahren ein Millionenpublikum und absolvierte vor der Wende immer wieder auch Auftritte in der DDR.

Zielscheibe seiner Kritik waren dabei stets die Regierenden. Immer wieder setzte er sich mit der Behördenbürokratie auseinander und kämpfte unter anderem gegen die 1968 beschlossenen Notstandsgesetze. So wurde er zum Beispiel 1965 im Garten des Café am Kröpcke mit NS-Luftschutzhelm und Gasmaske festgenommen.

Mitte der 60er Jahre wurde Kittner aus der SPD ausgeschlossen, danach wandte er sich der DKP zu. Seit 1998 war er Mitherausgeber der Zeitschrift „Ossietzky“.

2009 war Kittner auf Vorschlag der Linkspartei im Niedersächsischen Landtag Mitglied der Bundesversammlung und nahm an der Bundespräsidentenwahl teil. Sein 2006 verstorbener Sohn, Konrad Kittner, war Sänger der Abstürzenden Brieftauben.

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9 Kommentare

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  • U
    Ulf

    Kittner war der Größte!!!Dietrich,wir werden Dich immer bei uns haben,Diese verfluchten Nazi-Schweine kriegen Dich NIIE!WIR LIEBEN DICH IMMER.DIETRICH DIETERICH! connewitz,connewitz. Danke!!!!!!

  • GZ
    Günther Zweidick

    Dietrich war das Mitglied Nr. 1 im Kulturforum Bad Radkersburg. Kurz nach unserer Vereinsgründung siedelten sich Dietrich und Christl in Dedenitz bei Bad Radkersburg in der Südsteiermark an. Mit mehreren Auftritten verschaffte er sich unseren großen Respekt. Bei jeder Ausfahrt in die Stadt war Kittners Kabarett präsent.Wir werden ihn in bester Erinnerung behalten.

  • P
    Paschulke

    Es muss Küchengarten und nicht Küchengraben heißen.

  • NF
    Norbert F. Schaaf

    Dietrich Kittner machte - auch im Koblenzer "Lampenputzer" - das politisch bedeutendste und relevanteste Kabarett unserer Zeit. Er manikürte nicht an der Gesellschaft herum - er sezierte sie. Natürlich als Einzelkämpfer und Partisan. So machte er Kabarett von unten für unten, ein Mann der Straße, nicht der Festsäle. Er richtete seine Anzeigen nicht ins Blaue hinein, erstattete nicht "Anzeige gegen unbekannt", sondern nannte die Dinge und Verantwortlichen beim Namen - nach dem Motto: "Das Verbrechen hat Namen, Anschrift und Gestalt". Noch ein Kittner-Zitat: "Es war einmal ein Mann, der durch Fleiß und seiner Hände Arbeit ein reicher Bürger wurde. - Und morgen erzähle ich euch ein anderes Märchen." Seine Gedanken leben weiter - wie der Kampf weiter geht. @weingraefin

  • F
    FaktenStaatFiktion

    "Zielscheibe seiner Kritik waren dabei stets die Regierenden" ist korrekt,

    bezieht sich allerdings immer nur auf "die Regierenden" im Westen.

  • K
    Kottan

    Mit Dietrich Kittner geht einer der besten. Schon seit meiner Jugend hat er mich geprägt, er hat mich gelehrt vieles aus dem Mainstream nicht einfach zu glauben sondern kritisch zu hinterfragen. Ich mochte besonders seine spitzen Pointen und seinen Wortwitz. Dass er nicht im Fernsehen gezeigt wurde, spricht für ihn. Dietrich, ich vermisse Dich und werde Dich nie vergessen.

  • MH
    Marco Hoffmann

    Mehrmals habe ich am küchengarten "das vierte reicht" gesehen (und das oft weiterempfohlen), woran ich mich gerne erinner. Im foyer hing ein plakat mit den gefährlichsten sprengköpfen der welt (u.a. rakete mit thatcher-kopf).

     

    Konrad war zuvor sänger von klischee (krieg in den städten).

     

    "

    Dietrich Kittner (* 30. Mai 1935 in Oels, Schlesien; † 15. Februar 2013 in Bad Radkersburg [1] ) war ein deutscher Kabarettist.

    "

    http://de.wikipedia.org/wiki/Dietrich_Kittner

     

    Ansonsten fehlen mir die worte.

  • P
    Peter

    Ein schwerer Verlust! Ich hoffe, hier kommt nach dieser Eilmeldung noch eine etwas ausführlichere Würdigung.

    Erwähnt werden könnte z.B. auch, daß Dietrich Kittner seit 40 Jahren nicht mehr im ach so freiheitlichen öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt wurde.

  • M
    Martin

    RIP Dietrich!