■ Urdrüs wahre Kolumne: Käpt–n Konnie nach Findorff
Auf dem morgendlichen Fußweg in die Redaktionsstube begegnet mir mit unschöner Regelmäßigkeit eine recht sympathisch wirkende junge Frau in Begleitung eines sabbernden Hundes der fernsehbekannten Nobel-Rasse GOLDEN RETRIEVER und klärt mich dann völlig ungebeten über all' die Wehwehchen und Unpäßlichkeiten auf, die das teure Tier gerade so zu bieten hat. Vor allem Farbe und Konsistenz des Kots spielen in diesen einseitigen Gesprächen eine so zentrale Rolle wie in den Tagebüchern von Thomas Mann persönlich. Heute allerdings begrüßt mich die stets sportlich gekleidete Dame erstmals ohne Hund: „Wir leben jetzt getrennt, mein Mann und ich. Wenn der auch noch die Trennung vom Benny hätte verkraften müssen, der wäre glatt im Sack in die Weser gesprungen!“ Hut ab vor soviel Mitgefühl, denke ich mir, nehme diese Regung aber nach der nun folgenden Ergänzung sofort zurück: „Außerdem finde ich es irre irre witzig, wie der jetzt als Arbeitsloser die Tierarztrechnungen bezahlen will. Ich geb' dem drei Monate, dann isser finanziell auf Null!“ So, genau so, sind die Menschen in einem Land, dessen System darauf beruht, daß die delikaten Grabower Schaumküßchen (Ost) pleite gehen und vom Markt verschwinden, damit der Wolff an der Bergstraße (West) vor Freude laut aufheulen kann!
Dies verkündet uns DIE HEILIGE SCHRIFT: „Wo aber die Büttel dem Fremdling Gewalt antun und ihm die Habe rauben dürfen, da sieht DER HERR sich selbst bestohlen. Schickt dann sieben Plagen über das verderbte Volk, das solches zuläßt.“ SIEBEN PLAGEN. Der Vulkan-Konkurs, der kollektive Mundgeruch des AfB, der sozialdemokratische Fußschweiß, die christdemokratische Zigarren-Parfümierung, der neue Messe-Komplex, die Kinderseite des Weserkurier sowie Bremerhaven insgesamt, dazu die Lloyd-Passage. Denn so steht es geschrieben... Und hätten die ehrlosen Bullizisten vom Dezernat Ladendiebstahl und Falschgeldprüfung noch einen Rest an Schamgefühl, man hätte ihnen die Dienstwaffe entzogen, damit ihr an sich fälliges Beispiel nicht Schule macht im Bremer Führungspersonal.
Heute dagegen, Ihr Glotzen-experten: Das erbärmlichste Puppentheater, selbst auf einer beliebigen Aktionsbühne eines abgefuckten Weser-, Saale- oder Elbe-Parks mit dem entsprechenden Nachwuchspotential, würde wesentlich mehr Beachtung finden als der Comic auf dem Großbildschirm daneben. Ihr Urmel-Kaputtmacher seid nicht nur mies, gewissenlos und hirnverschleimt, sondern auch noch blöd und böse. Weh euch, wenn der Kasper kommt!
Lieber Konrad Kunick! Auf die Bäume setzen willst Du Dich, wenn die CieCieBie-Planer auch noch die letzte Baumreihe zur Findorffallee hin abholzen wollen. Gib mir bitte Bescheid, wenn es soweit ist. Und bring Deinen Wohnwagen mit! Dann werden wir alten Caravaner den freakigen Rollheimern aber mal zeigen, was eine richtige Wagenburg ist. Campen bis zum Sieg! Und abends singen wir am Lagerfeuer aus den Bauzaun-Brettern die schönen alten Lieder. „Wann wir schreiten Seit an Seit“, „Wir sind das Bauvolk der neuen Zeiten“ oder „We shall overcome“. Und mahlzeiten werden wir in diesem Gefecht aus den Gulaschkanonen der AWO - wie sollten wir da untergehen?!
Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken: „Das Kreditinstitut ist nicht verpflichtet, ein Girokonto für den Antragsteller zu führen, wenn dies unzumutbar ist“. Derweil wird überall in den Lebensmittelmärkten per Chipcard auf bargeldlosen Zahlungsverkehr am Point of Sale umgestellt, so daß wir das Problem der Sozialhilfeempfänger bald in den Griff bekommen werden: Hunger ist der beste Koch und überdies ein Meister aus Deutschland. Und jede Sparkasse eine Filiale der Weltbank. U. Reineking-Drüsenstörung
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