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■ Urdrüs wahre Kolumne„Machtin“ Globisch is back

Im örtlichen Fischfachhandel entdecke ich das Magazin ROLAND, mit dem Herausgeber und Chefredakteur Martin Globisch sich unüberhörbar wieder als „der Machtin“ stilbildend und meinungsmachend auf dem Bremer Markt zurückmeldet. Nach all der Zeit ohne oder doch fast ohne seine Privatissima endlich über eine zehn Seiten Strecke Stadtschnack in Vollendung, dazu jede Menge Rara et Curiosa aus dem staatstragenden Freimarkt-Milieu: Wenn das Martin-Bewunderer Manfred Dworschak noch erlebt hätte, glatt wäre er in Bremen geblieben. Erste Highlights: Schausteller-Boss Paul Emde hält sich neckisch die Botschaft „Defekt“ auf einem Taschentuch vor das (textilverhüllte!) Gemächt, Werder Senator Willy beklatscht selig lächelnd die Darbietungen von Tony Marshall, und Jens Eckhoff betätigt sich nicht nur als Interviewpartner zu Fragen der Deutschen Einheit, sondern wird auch mehrfach fotto-mäßig publiziert, u.a. mit der denkwürdigen Unterzeile: „Jens Eckhoff im Gespräch mit seinem Fraktionskollegen Jens Böhrnsen von der SPD. Jens möchte mal Bürgermeister Bremens werden“. Dass der Machtin bereits das ungewachsene Gras wachsen hört, ist vermutlich REI SOULI zu verdanken, dem Star-Astrologen des Roland („seine Verlobte betreibt in Borgfeld ein Kosmetikstudio“), denn der prophezeit zwar rosige Zeiten für Bremen, aber auch: „Allerdings wird es in naher Zukunft insbesondere in der großen Koalition einige Probleme um den weiteren Ausbau der Schlachte und dem Milliardenprojekt Space Park geben.“ Was wir immer ahnten - im Roland steht es.

Keine Aussage aber findet sich zum heutigen Kampf von Gerold Janssen gegen Bullizeiwillkür und Plattmacherei, für Artenschutz und Menschenrechte vor den Schranken des Gerichts: Live ist das Spektakel für die vergnügungssüchtigen Frühaufsteher unter uns heute um 11 Uhr im Raum 117/119 des Landgerichts zu erleben. Lasst uns anschließend auf den Erfolg mit Apfelsaft pur anstoßen, denn ... gerechte Sache siegt!

Beim Abendschoppen im Waller Kleingarten-Vereinsheim am Fleet findet sich auf dem Tresen ein Blatt mit einem faksimilierten und unkommentierten Beitrag der Bremer WELT-Lokalseite mit dem unheilschwangeren Titel „Senat will illegales Wohnen in Kleingärten beenden“. Die Illegalen indessen stärkten sich an diversen Bratenplatten für die künftigen Auseinandersetzungen und machten so durch ihr schieres So- und Da-Sein in diesem zutiefst angenehmen und völlig holstenfreien Wirtshaus deutlich: „We shall not be moved!“ Friede den Hütten, Krieg den Palästen: Noch hat Wischers Tine alle Chance der Welt, ihrem Fiasko zu entgehen, aber wenn der hier gesäte Wind zum Sturm wird, kann keine Kindersicherung sie länger auf dem SenatorInnenstühlchen halten!

Bei den Feierlichkeiten zum Einjährigen des Walle-Center fragt mich ein Verdammter dieser Erde mit vier Plastikbüdeln unterm Arm: „Kollege, wo gibt's hier denn Freibier?“ Und als dieser lebensweise Mensch erfährt, dass dies offenbar nicht vorgesehen ist, stellt er schlicht und klar fest: „Dann geht das sowieso den Bach runter!“

Solange Innensenator Berni „Goldschnitt-Klassiker“ Schulte von grünen Libanesen nix versteht, soll er gefälligst auch von falschen Libanesen schweigen und lieber mal wieder Gerhard Hauptmann lesen oder Josefine Mutzenbacher: zur Läuterung seiner Sinne und zur Wiederentdeckung humanistischer Menschenbilder in Farbe oder Schwarzweiß.

Lieb und wert ist mir die kleine heimische Landbrauerei am linken Weserufer, doch irgendwann ist Schluss mit lustig: Eindringlich mahne ich das sonst so menschenfreundliche Unternehmen, fürderhin darauf zu verzichten, für den Formel-1-Unfug durch einschlägigen Werberummel mit seinem „Beck's Truck“ zu unterstützen und damit einen brisant-gefährlichen Beitrag zu leisten, die Angehörigen der Trinkerjugend an die Wand rasen zu lassen. Dann aber heißt es in den Traueranzeigen von Mirko, Pupsi, Schluckspecht, Ralle, Motz und Kerstin wieder mal „Warum?“ Bei Wal Mart ist dies Verbrechen an der jungen Generation nun mal gestern und vorgestern schon geschehen, bei Dodenhoff, Meyerhoff usw. aber lässt sich dieser grobe Unfug noch verhindern - und sei es schon nicht aus Einsicht, so doch wenigstens um des künftigen Absatz willen. Denn merke: Tote saufen nix.

Weiß schon über 50 Jahre lang

Ulrich „Deckelmacher“

Reineking

PS: An dieser Stelle noch herzlichste Genesungswünsche an den frisch initiierten plattdeutschen Bypass-Genossen Berni Kelb: Beim heutigen „Schunkeln gegen rechts“ in der GaDeWe werden wir dann ein Glas Hopfentee auf dein Wohl trinken und dir beim dadaistischen Weltkongress wird die Ehrenmitgliedschaft in der Sparte „Barfußlaufen“ antragen! Versprochen!

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