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■ UrDrüs wahre KolumneLecken Sie positiv

Seit den Tagen der „Enteignet Springer“-Kampagne hat wohl kein deutscher Rebell wieder so viel Herzblut im Kampf gegen diesen Meinungs-Multi fließen lassen wie unser geliebter Welfenprinz Ernst August, mit dem wir zugleich die Leidenschaft für das öffentliche Stehpissen teilen: 58.000 Mark, um den verehrten Freunden im Lande per ganzseitiger Anzeige in der FAZ die schlichte Wahrheit mitzuteilen: „Meine ganze Verachtung gilt der Bildzeitung und der gesamten Springerpresse“, das hat etwas von jener ursprünglichen Wut, die einst ganze Zeitungsstapel zum Lodern brachte. Wieder so ein Grund, warum mir die Monarchie samt der ultimativen Chance zum Königssturz nach wie vor als die Staatsform erscheint, die in idealer Weise den Weg zur Anarchie als Ordnung ohne Herrschaft im Sinne von Immanuel Kant und Michail Alexandrowitsch Bakunin freimacht ...

Der Gott der Geschichte, er bemüht jetzt auch den Bremer Obsthändler Bernd Artin Wessels aus dem einstigen Schattenkabinett der Union als sein willfähriges Werkzeug: Der Mann mit dem jungenhaften Ohrfeigengesicht will ganz auf stur schalten und seine Kühlbude am Flughafen lassen, falls der Senat doch noch „Wohnen am Hafen“ zulässt. Das würde nicht nur die kropfüberflüssige Stadtautobahn gefährden, sondern auch den Umfang des Großmarkts in Frage stellen – und falls der Senator Stärke zeigt, und der trotzige Bernd Artin dann nicht neuer Präses der Handelskammer wird, hat der eitle Bananenonkel schon vorgesorgt. Ohne Mühen und wohl auch ohne Kosten zu scheuen: Er ließ sich jetzt an der Hochschule von Sofia mit einem Ehrendoktorhüt-chen schmücken und ist damit immerhin Kommilitone von Helmut Kohl persönlich.

Auch mir wurde dieser Tage eine besondere Ehrung zuteil: Der Viertelianer Günter Kahrs alias Meister Propper verlieh mir die Ehrenmitgliedschaft im „Verein 99 für Lebensfreude und Dada“, und in dieser Eigenschaft erbitte ich mir künftig aus, bei Begrüßungen und Verabschiedungen stets mit dem Vereinsmotto angeredet zu werden, das da lautet: „Wer nicht vom Weg abkommt, der bleibt auf der Strecke.“ Genauso isses doch.

Bleiben wir auf dem Jahrmarkt napoleonischer Eitelkeiten und lachen mal wieder über Klaus Peter Schulenberg und sein Gesinde. KPS, das ist auch so einer, der unweigerlich mit der Arschbacke umkippt, was er gerade mühsam aufzubauen trachtet. Hat er doch seinerzeit für sein Anzeigenblatt Weser-Report eigens den Axel-Schuller von der anderen Bremer Tageszeitung für vermutlich teuer Geld eingekauft, um so nach legendären Knallchargen wie Pfeiffer und Famulla endlich mal mit einem ausgewiesenen Seriositätsdarsteller aufwarten zu können. Und dann demontiert er den armen Kerl, indem er sich von ihm auf das Devoteste im eigenen Blatt interviewen lässt, um Kurspflege für seinen reichlich glücklosen Börsengang zu betreiben. Was ist ein Chefredakteur nach solcher Demütigung noch wert? Sein Kurs sackt wahrscheinlich deutlich unter den der Schulenbergschen Unternehmen, doch raten wir kollegial und prophetisch zugleich, auf keinen Fall Aktien des Noch-Arbeitgebers als Abfindung zu akzeptieren, aber mit ein bisschen Insiderwissen wird er die Klippe ja wohl umschiffen können.

Ein bisschen gehässig ist sie ja schon, die Kritik am Oldenburger Oberbürgermeister Jürgen Poeschel ob seiner Abstinenz bzw. Absenz beim Christopher Street Day in der Grünkohl-Metropole: Die ganzen Tucken und Tunten aus „Men's seven“ und anderen Gruften der Abseitigkeit warten doch nur darauf, sich diesem strammen Unions-Pinkel wenigstens für ein Foto an den Hals oder wohin auch immer zu schmeißen, um damit im Darkroom bei flackernden Feuerzeugen so anzugeben wie ich dies beispielsweise am Tresen des Lustigen Schusters mit einem gemeinsamen Polaroid mit Eisprinzessin Katharina Witt machen würde. Kann man da der schrulligen Hete von der Hunte verübeln, sich im ideologischen Zwangskörperkondom bedeckt zu halten? Na siehste!

Im Kellerclub an der Weberstraße finden die Feierlichkeiten zum 175-jährigen Jubiläum der Bremer Sparkasse morgen einen echten Höhepunkt in der Präsentation der „Deutschen Bankräubergeschichten“ des Herrn Ehrensberger aus Osna-brück. Und am Sonntag rufen dann die PIRATINNEN bei ihrer Premiere im Kontorhaus Schildstraße zum ultimativen Angriff auf Pfeffer und andere Säcke: Nimmt es in solch kriminellen Zeiten nicht Wunder, dass es noch Feiertage wie den „Tag des Imkers“ gibt, der am 8. Juli zum 75-jährigen Geburtstag des Deutschen Honigglases begangen wird? Lecken wir positiv. Feiern wir mit. Empfiehlt

Ulrich „Freut Euch“

Reineking

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