Unzureichende Abrüstung: Atomkonferenz droht zu scheitern
Die Unterzeichnerstaaten beraten in New York. Ein Konsens ist nicht in Sicht, da viele Nichtkernwaffenstaaten mit den Abrüstungsmaßnahmen der offiziellen Atommächte unzufrieden sind.
GENF taz | Überschattet vom Streit über das iranische Atomprogramm beginnt am heutigen Montag in der New Yorker UN-Zentrale die achte Überprüfungskonferenz zum "Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen" (Non Proliferation Treaty, NPT) von 1970. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte die 189 Vertragsstaaten am Wochenende auf, "ernsthafte Verhandlungen über eine internationale Konvention zur Abschaffung aller Atomwaffen" aufzunehmen. "Die Welt ist überrüstet und der Frieden ist unterfinanziert", erklärte Ban Ki Moon auf einer von Friedensorganisationen organisierten Konferenz "Atomwaffen abschaffen" in der New Yorker Riverside Church.
Der NPT gilt als das wichtigste multilaterale Rüstungskontrollabkommen der Geschichte. Die durch das Abkommen als "offizielle Atomwaffenmächte" anerkannten fünf Staaten, die vor 1970 getestet hatten - USA (1945), Sowjetunion (1949), Großbritannien (1953), Frankreich (1957) und China (1965) - verpflichten sich, keine Atomwaffen an andere Staaten weiterzugeben sowie die eigenen Arsenale abzurüsten. Die 184 atomwaffenfreien Vertragsstaaten verpflichten sich, keine atomaren Massenvernichtungsmittel oder die Verfügungsgewalt darüber anzunehmen oder sie selber zu entwickeln. Doch der Vertrag gibt ihnen das "verbriefte Recht", die Nukleartechnologie ohne Einschränkung zur Energiegewinnung, zu medizinischen und anderen nichtmilitärischen Zwecken zu nutzen. Das gilt auch für die Anreicherung von Uran und die Wiederaufarbeitung von Plutonium. Mit beiden Verfahren lässt sich aber auch Spaltmaterial für Atomwaffen entwickeln.
Zur Überwachung der Einhaltung ihrer Verpflichtungen haben sich die 184 atomwaffenfreien Staaten Sicherheitsmaßnahmen durch die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) unterworfen. Auf der New Yorker Konferenz verfolgen die Atomwaffenmächte USA, Frankreich und Großbritannien mit Unterstützung ihrer Nato-Verbündeten das Ziel, die Überwachungskompetenzen, Inspektions- und Kontrollrechte der IAEO zu stärken und zu erweitern. Begründet wird dies vor allem mit dem iranischen Atomprogramm, das unter Verdacht steht, militärischen Zielen zu dienen, sowie der Atomwaffenentwicklung in Nordkorea.
Iran ist seit 1970 NPT-Vertragsstaat. Nordkorea trat 2003 aus dem Abkommen aus und führte 2006 eine erste atomare Testexplosion durch. Indien, Israel und Pakistan, die seit Mitte der 70er-Jahre zu Atomwaffenstaaten wurden, sind dem NPT nicht beigetreten. Die Aussichten, dass die Vorschläge zur Stärkung der IAEO-Überwachungskompetenzen in New York eine mehrheitliche Unterstützung finden, sind bislang nicht groß. Zu tief ist das Misstrauen vieler Nichtkernwaffenstaaten, die Maßnahmen könnten ihre Möglichkeiten zur uneingeschränkten zivilen Nutzung der Nukleartechnologie einschränken. Hinzu kommt die Unzufriedenheit mit den bisherigen Abrüstungsmaßnahmen der fünf offiziellen Atommächte.
An dieser Frage scheiterte die letzte Überprüfungskonferenz 2005. Die seitdem einzige Rüstungskontroll-und Abrüstungsmaßnahme - das im April zwischen den USA und Russland vereinbarte START-Nachfolgeabkommen - ist den meisten NPT-Staaten kein ausreichender Nachweis für die Erfüllung der Abrüstungsverpflichtungen der fünf offiziellen Atommächte.
Die Unzufriedenheit wird verstärkt durch den Umstand, dass zumindest die USA, Großbritannien und Frankreich mit Rücksicht auf die Atomwaffenmacht Israel eine von Ägypten und anderen Ländern vorgelegte Initiative für eine von Massenvernichtungsmitteln aller Art freie Zone im Nahen und Mittleren Osten ablehnen.
Die Gefahr, dass die Überprüfungskonferenz scheitert, wird noch größer, sollten die USA oder andere Staaten die Konferenz als Bühne für Kritik an Irans Nuklearprogramm nutzen oder der UN-Sicherheitsrat dort neue Sanktionen gegen Teheran verhängen. Darauf dringen die ständigen Ratsmitglieder USA, Großbritannien und Frankreich. Russland und China haben Bedenken. Aber auch die nichtständigen Ratsmitglieder Brasilien, Türkei, Libanon und Uganda sind gegen Sanktionen. Diese Bedenken teilt auch eine Mehrheit der 184 atomwaffenfreien Vertragsstaaten des NPT.
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