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Unvorstellbar...

■ Augenzeugenbericht telefonisch aus Temeswar vom 20.12

„Heute ist nicht viel vorgefallen. Wenn sich drei Leute auf der Straße treffen, dann wird geschossen. In der Stadt herrscht Ausnahmezustand. Seit drei Tagen wage ich mich kaum auf die Straße. Ich weiß nicht, ob die Leute noch täglich zur Arbeit gehen. Im Elba-Betrieb soll es Auseinandersetzungen gegeben haben, ich weiß aber nichts Genaueres. Ganz sicher ist, daß weitergeschossen wird. Vielleicht feuern sie jetzt nur noch in die Luft.

Man kann heute die Eisenbahn wieder benutzen, obwohl viele, sogar solche, die offiziell verreisen sollten, vom Bahnhof wieder zurück nach Hause geschickt wurden. Ich weiß nicht, ob es in anderen Städten Unruhen gegeben hat. Arad jedenfalls ist von Truppen umstellt, in Tirgu Mures ist nichts vorgefallen. In Temeswar waren die Telefonleitungen zeitweilig unterbrochen, so daß man nicht mal Ortsgespräche führen oder zumindest nur schwer durchkommen konnte. Manche mußten bis zu zwei Stunden auf eine Telefonverbindung für ein Ortsgespräch warten.

Ich war sehr erschrocken, die ganze Nacht hörte man die Schießereien. Die Demonstration ging zum Freiheitsplatz. Sie haben Kinder und Erwachsene erschossen. Ich weiß nicht, wieviel Tote es gegeben hat; es handelt sich bestimmt um mehrere hundert Personen. Es sind Hunderte. Ihre Leichen durften von den Angehörigen nicht weggeschafft werden. Viele blieben auf dem Freiheitsplatz liegen. Aber auch auf den anderen Plätzen der Stadt gab es viele Tote und verletzte.

An den ersten beiden Tagen war ich wie gelähmt. Man gewöhnt sich aber an den Terror. Man verliert sogar die Lust am Leben. Ich weiß nicht, ob aus Hubschraubern in die Menge geschossen wurde. Meine Nichte, die vorgestern (am 18.Dezember) ins Kreiskrankenhaus eingeliefert wurde, erzählte mir, daß sie dort sehr viele Menschen mit Schußwunden gesehen habe, die auf Tragen hingebracht wurden.

Die Panzer haben sogar Häuser zerstört. So etwas habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Ich hörte fortwährend die Schüsse. Es ist verboten, in größeren Gruppen auf die Straße zu gehen. Die Stadt ist nicht wiederzuerkennen. Viele Häuser sind abgebrannt. Die Häuser wurden angezündet wie auch der Zeitungskiosk auf dem Freiheitsplatz oder das Kino im Stadtzentrum. Die Menschen warfen mit Benzinflaschen, die wie Bomben explodierten. Die Stadt sieht fürchterlich aus, unvorstellbar ...“

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