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Unverbremt: Simone Schnase über das Rotkäppchen und die böse GentrifizierungZwei Stunden, ein Essen, eine Schorle

Das „Rotkäppchen“ schließt, Ende März ist es soweit. Immer weniger Gäste seien gekommen, klagt die Betreiberin im Weser-Kurier und macht die Gentrifizierung im Viertel verantwortlich. Die ist an vielem schuld – aber am Niedergang des Rotkäppchens sicher nicht.

Die Gaststätte mit dem Wintergarten, der einen schönen Ausblick auf die Kreuzung Dobben/Humboldtstraße bietet, ist erstens schlicht schrottreif. Bei Sturm beten die Gäste, dass das Dach hält. Zweitens ist das Essen, nun ja, so mittel.

So ein Salat mit „orientalisch gewürzten Rinderfiletstreifen (scharf)“ zum Beispiel sollte idealerweise nicht nur okay schmecken, sondern orientalisch gewürzt sowie scharf sein. Ist er nicht. Allerdings, und damit folgt schon drittens, ist der Gast schon dankbar, wenn er das bekommt, was er bestellt hat, beziehungsweise wenn er überhaupt bestellen kann.

Denn: Es gibt Servicekräfte und die sind auch nett. Ob und wann und welche Bestellungen sie aufnehmen, weiß der Gast allerdings nie. Mal wartet er eine halbe Stunde, bis er ein Bier bestellen darf, dann bekommt er eine Apfelschorle. Dann wartet er wieder eine halbe Stunde, bis er Essen bestellen darf, was er nach einer weiteren halben Stunde bekommt – und dann geschieht gar nichts mehr.

Dabei würde er so gern noch bzw. endlich ein Bier trinken, aber niemand hilft ihm. Während er seinen seit einer halben Stunde leeren Teller auf den bereits mit altem Geschirr vollgemüllten Nachbartisch stellt, kommen plötzlich drei Servicekräfte in Folge und fragen, ob er „denn schon bestellt“ habe.

Eine Apfelschorle und ein Essen in zwei Stunden. Der Gast antwortet: „Danke, ich würde gern zahlen.“ Das möge er doch bitte vorn an der Theke tun, erwidert man freundlich. Schlimm, diese Gentrifizierung …

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