Unverbremt: Gaby Mayr über die Energieeffizienz Bremer Turnhallen: Fenster auf!
Meine Problemzone heißt: Schultern-Nacken-Hals. Deshalb gehe ich einmal die Woche in die Turnhalle der Grundschule Lessingstraße, wo wir unter der Anleitung von Jens den Rücken ausklopfen und die Arme kreisen lassen. Sein Credo heißt „Flexibilität“. Die ist arbeitsmarktpolitisch zwar umstritten, aber meinen Schultern tut sie gut. Der sportliche Genuss ist allerdings seit Anfang November beeinträchtigt, denn in der Halle zieht‘s. Ein Fenster unterhalb der Decke steht offen. Die naheliegende Lösung, dass der Hausmeister es einfach schließt, lässt sich nicht umsetzen, weil er es nicht erreicht.
Also rufe ich bei der Bildungsbehörde an. Ich weiß, die haben gerade alle Hände voll damit zu tun, Lehrkräfte aus dem Boden zu stampfen, weil die anstehende Pensionierungswelle beim besten Willen nicht vorherzusehen war. Aber ein Fenster schließen lassen könnte deshalb eine willkommene Abwechslung sein: der Erfolg wäre unmittelbar spürbar. Es ist elf Uhr, als ich anrufe, Kernarbeitszeit. In der Behörde geht aber niemand ans Telefon, nicht einmal im Sekretariat der Senatorin. Eigentlich ist „Chefsekretärin“ der todsichere Tipp, wenn man sich beim Abtelefonieren der Ebenen „Sachbearbeitung“ und „Abteilungsleitung“ die Finger wund getippt hat.
Dann also die Pressestelle. Wollte ich eigentlich nicht, denn ich recherchiere ja nicht, sondern möchte nur, dass ein Fenster geschlossen wird. Aber die Kollegin ist sehr hilfsbereit: Sie bediene ohnehin nebenher auch noch das Bürgertelefon.
Mit ihrer Hilfe erreiche ich den für Gebäudeinstandhaltung zuständigen Mitarbeiter bei der Bildungsbehörde. Der erklärt, er sei nicht zuständig. Fensterreparatur obliege „Immobilien Bremen“. Auf meine herzliche und zugleich inständig sowie entschieden vorgetragene Bitte hin erklärt er sich bereit, meinen Hinweis auf das offene Fenster an Immobilien Bremen weiterzuleiten.
Montag für Montag gehe ich nun in die Turnhalle, gespannt, ob das Fenster mittlerweile geschlossen ist. Jens hat zwischenzeitlich den Verein informiert, der die Halle für seine Kurse nutzt und wir fragen uns, was eigentlich die Schulleitung gegen die ungewollte winterliche Dauerlüftung unternimmt. Ob die Kinder zum Aufwärmen einfach ein bisschen schneller rennen müssen?
Vielleicht drehen sie auch einfach die Heizung auf. Das tun wir jedenfalls, als am Montag vor Weihnachten das Fenster immer noch offen steht. Den Gedanken an die CO2-Bilanz schieben wir zur Seite. Das Gebäude hat übrigens noch mehr Fenster: In der Damenumkleidekabine stehen zwei davon sperrangelweit offen. Schließen können wir sie nicht, denn wir kommen nicht ran: Sie sind zu hoch angebracht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen