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Archiv-Artikel

Unverblümt besiegelt

Blumen, die mit dem FLP-Siegel zertifiziert sind, wurden unter menschenwürdigen Sozial- und Umweltstandards produziert

VON VOLKER ENGELS

Dass Blumen Freude schenken, stimmt nicht immer. Besonders nicht für viele der weltweit mehr als eine halbe Millionen Menschen, die direkt oder indirekt von Blumenexporten leben. Die Blumenarbeiterinnen in den wichtigsten Blumenländern Afrikas oder Lateinamerikas müssen oft für Hungerlöhne schuften oder werden krank, weil giftige Pestizide eingesetzt werden. Klar, dass gewerkschaftliches Engagement in vielen Fällen mit der fristlosen Kündigung geahndet oder die Gewerkschaft gleich zerschlagen wird.

Doch die Arbeitsbedingungen von Blumenarbeiterinnen sind nicht gottgegeben: Blumenkäufer in Berlin, Frankfurt oder Düsseldorf entscheiden darüber mit, unter welchen Bedingungen die importierten Blumen produziert werden. Seit fünf Jahren gibt es das so genannte Flower Label Programm (FLP). Käufer können sicher sein, dass die Blumen, die mit dem FLP-Siegel zertifiziert sind, unter menschenwürdigen Sozial- und Umweltstandards produziert werden. Grundlage des Siegels ist ein internationaler Verhaltenskodex für die Blumenproduktion, den Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zusammen mit Gewerkschaften entwickelt haben. Dieser schreibt unter anderem vor, dass für die Blumenarbeiterinnen die freie Wahl der Gewerkschaft möglich sein muss, existenzsichernde Löhne gezahlt werden und für ein „hygienisches und sicheres Arbeitsumfeld“ besteht. Der Kodex verbietet zudem Kinder- und Zwangsarbeit; giftige Chemikalien sind untersagt.

„Bisher haben sich schon für 15.000 Arbeiterinnen und Arbeiter, deren Betriebe das Siegel akzeptieren, die Arbeits- und Lebensbedingungen deutlich verbessert“, sagt Gertrud Falk von der Menschenrechtsorganisation Food First Informations- & Aktions-Netzwerk (FIAN). FIAN hat das Siegel maßgeblich mit initiiert und begleitet die Umsetzung auch weiterhin.

60 Plantagen in Ecuador, Kenia, Kolumbien, Simbabwe, Südafrika und Tansania haben inzwischen die FLP-Prüfung bestanden, manche erst im zweiten Anlauf. „Die Farmen werden einmal im Jahr von unabhängigen Inspektoren gecheckt“, erläutert Gertrud Falk das Prüfverfahren. Die Kontrolleure überprüfen die Bücher und sprechen mit dem Management und den Beschäftigten der Farm. „Die Beschäftigten wissen am besten, wo der Schuh drückt.“ Werden Missstände aufgedeckt, muss die Farm diese beseitigen. Die Umsetzung wird mit unangemeldeten „Spot-checks“ überprüft.

FIAN veranstaltet auf den Farmen Bildungsprogramme, die von der Friedrich- Ebert-Stiftung und der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) gefördert werden. Dabei werden unter anderem die Grundlagen des Blumenhandels oder des FLP-Siegels vermittelt. „Je mehr die Arbeiterinnen und Arbeiter über ihre Rechte wissen, desto stärker wird ihre Verhandlungskompetenz gegenüber dem Management, so die diplomierte Sozialwissenschaftlerin. Ein „langfristiges Ziel“ des Bildungsprogramms sei es, „dass Zertifikate überflüssig werden, weil die Arbeiterinnen und Arbeiter stark genug sind, um ihre Anliegen selbst in die Hand zu nehmen“. Floristen, die zertifizierte Blumen in ihr Sortiment aufnehmen wollen, können sich an den Verein FLP wenden, der das Siegel vergibt. Unter dem Dach des Vereins haben sich Blumenproduzenten und Importeure, Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften zusammengeschlossen. Insgesamt 800 Floristen in Deutschland und 200 in Österreich haben sich in einer Liste als Händler von menschen- und umweltgerechten Blumen registrieren lassen. „Blumenkäufer müssen nicht mehr Geld auf den Tisch legen, wenn sie zertifizierte Blumen kaufen wollen“, sagt Silke Peters, Geschäftsführerin des Vereins. Trotzdem betrage der Marktanteil der Rosen oder Nelken aus menschengerechtem Anbau gerade einmal drei Prozent.

Weitere Informationen: www.flower-label-programm.org (enthält eine Liste mit Blumenläden, die FLP-Blumen verkaufen) und www.fian.de