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Unterwegs nach Deutschland

■ Artikel 23 stellt von vornherein die Staatlichkeit der DDR in Frage /Artikel 146 weist gangbaren Weg

Zweifellos wird in absehbarer Zeit ein vereintes Deutschland als gleichberechtigter Partner seinen Platz in den internationalen Beziehungen einnehmen. Der Gedanke, daß sich die staatliche Einigung Deutschlands in den Prozeß der europäischen Einigung einfügen muß, daß also geeignete innere und äußere Bedingungen für die deutsche Einheit geschaffen werden müssen, findet zunehmend Berücksichtigung. Die deutsche Einigung erfordert daher zunächst Klarheit über die Art und Weise, über Zeiträume, Verfahren und über Formen ihres Zustandekommens, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die bestehenden Rechte, Pflichten, Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten der Staaten.

Es geht also um die klare Bestimmung des Inhalts und der Form eines dynamischen Prozesses des Zusammenwachsens der beiden deutschen Staaten und die Einbindung in die bestehenden politischen und militärischen Bündnisse beziehungsweise deren Sicherheitsstrukturen.

Als Mitglieder der Organisation der Vereinten Nationen, als Signatare der Schlußakte der KSZE, aber auch bilateral als Subjekte des Grundlagenvertrags haben sich die BRD und die DDR in ihren Beziehungen von (den) vereinbarten Prinzipien leiten zu lassen, genannt seien hier nur die souveräne Gleichheit, das heißt die Achtung der der Souveränität innewohnenden Rechte, oder die Gleichberechtigung und das Selbstbestimmungsrecht.

Beim Blick auf die deutsche Einheit sollte daher nicht davon ausgegangen werden, daß von vornherein die Staatlichkeit eines souveränen Staates (der DDR) in Frage gestellt wird. Um nichts anderes handelt es sich jedoch, wenn (selbst bei unterschiedlicher Motivation) der Artikel 23 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland als Grundlage für die Vereinigung beider Staaten „empfohlen“ wird.

Gedacht vornehmlich für die Eingliederung des Saarlandes, ist der Terminus des Artikel 23 GG „in anderen Teilen Deutschlands“ schwerlich weder auf die DDR in Gänze (die ja zum Zeitpunkt der Annahme des GG am 23. Mai 1949 bekanntlich noch nicht existierte) noch auf die seinerzeitigen und derzeit noch nicht reaktivierten fünf Länder anwendbar. Zudem ist die DDR gemäß ihrer Verfassung ein Einheits- und kein Bundesstaat, das heißt, eine Sezession ist nicht vorgesehen.

Hinsichtlich der Bestimmungen des Grundgesetzes der BRD weist offenbar eher der Artikel 146 einen gangbaren Weg im deutsch-deutschen Vereinigungsprozeß, da er auf eine vom deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossene Verfassung eines neuen Deutschlands zielt.

Bei einem derartigen Herangehen an die deutsche Einheit erscheint es nur folgerichtig, daß das neue (Gesamt -)deutschland auch eine Verfassung bekommen muß, die den aktuellen Wertvorstellungen und Erfordernissen entspricht und die das Bewahrenswerte aus der vierzigjährigen Entwicklung der beiden deutschen Staaten aufnimmt, ergänzt durch Bestimmungen unter anderem zur Ökologie und zu Grundrechten wie sie internationale Verpflichtungen erfordern.

Es geht also nicht um die Eingliederung der DDR und die Subsumierung unter die beziehungsweise Akzeptanz der Staats und Rechtsordnung der BRD, sondern um das den demokratischen, international-rechtlichen Instituten entsprechende und verpflichtete Zusammenwachsen zweier Staaten, Subjekte des Völkerrechts, das auch der Problematik der Staatennachfolge (zum Beispiel in Verträge) Rechnung trägt.

Karsten Fischer

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