Untersuchungsausschuss zur Wulff-Affäre: Sozialdemokraten unter Zugzwang
In Niedersachsen wollen Linke und Grüne einen Ausschuss zur Wulff-Affäre. Die SPD will sich nicht festlegen – verfügt aber über die entscheidenden Stimmen.
Es hängt an der SPD. Einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Affäre um Bundespräsident Christian Wulff (CDU) fordern in Niedersachsen nach der Linksfraktion jetzt auch die Grünen. 31 der 152 Abgeordnete müssen für solch einen Ausschuss stimmen, 22 stellen Linke und Grüne. Die SPD aber zögert, ihre entscheidenden Stimmen zuzusagen.
Ein solches Gremium könnte eigenständig Beweise erheben, Zeugen vorladen und vereidigen. Die Linksfraktion hat sich gleich zu Beginn der Affäre um den einstigen Ministerpräsidenten im Dezember für dieses Instrument ausgesprochen. Zwei Monate später wollen auch die Grünen dazu greifen, die sich an Fragen zu Wulffs Hauskrediten, Gratisurlauben bei Unternehmerfreunden oder Landesbürgschaften für Wulff-Freunde abgearbeitet haben.
Die SPD aber weicht aus. "Grundsätzlich" will ihr Fraktionschef Stefan Schostok einen Ausschuss nicht ausschließen. Einem entsprechenden Linken-Antrag, über den der Landtag nächste Woche abstimmt, erteilt er aber eine Absage. "Es ist schon Druck aufgebaut", sagt er. Und beruft sich auf Anfragen an die schwarz-gelbe Landesregierung, Unterrichtungen in Landtagsausschüssen und eine Klage gegen Wulff vorm Landesverfassungsgericht wegen Falschinformation des Parlaments, die die SPD einreichen will. Die Arbeit eines Untersuchungsausschusses, so Schostok, könnten CDU und FDP "verwässern."
Maschmeyer und Schröder
Die Opposition kann einen Ausschuss mit ihren Stimmen nur beantragen, über den genauen Untersuchungsauftrag aber entscheidet eine Zweidrittelmehrheit. Und die CDU droht, diesen Auftrag mit ihren Stimmen bis in die Regierungszeit der SPD in Niedersachsen auszuweiten. Sollte ein Ausschuss kommen, "wollen wir ihn richtig", sagte CDU-Fraktionschef Björn Thümler. "Dann muss auch untersucht werden, ob es ähnliche Muster bei der Wirtschaftsnähe unter der SPD gab."
Parallelen gibt es zu einigen Verbindungen, über die Wulff derzeit stolpert, in der Tat bis in die Schröder-Ära: Der Gründer des umstrittenen Finanzdienstleisters AWD, Carsten Maschmeyer, ist auch ein Freund des ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten und Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD).
1998 finanzierte Maschmeyer Schröder im Bundestagswahlkampf eine Werbekampagne, 2007 zahlte er im Landtagswahlkampf Annoncen für ein Wulff-Interview-Buch. Glogowski, Schröders Nachfolger als Landesvater, trat nach einem Jahr zurück - wegen Vorwürfen der Vorteilsnahme rund um Urlaube und seine Hochzeitsfeier, die er sich von Brauereien und Kaffeeröstern sponsern ließ.
"Alles aufgeklärt"
"Bloßes Ablenkungsmanöver" sei die Ankündigung der CDU, sagt Schostok, "das schreckt uns nicht. Aber wir wollen keine politische Schlammschlacht." Er räumt ein, ein "Geschmäckle" bleibe bei derlei Verbindungen immer. Zu Schröder, Glogowski und Gabriel sei aber "alles aufgeklärt und ausgeforscht".
Nachdem die ersten Vorwürfe gegen Glogowski 1999 bekannt wurden, trat dieser eine Woche später zurück. Zu seiner Affäre gab es einen Untersuchungsausschuss - eingerichtet auf Druck des damaligen Oppositionsführers Wulff. Sigmar Gabriel ging 2005 in die Offensive, als der Focus über seinen Nebenjob bei einer Beraterfirma recherchierte. Er berichtete verschiedenen Zeitungen selbst über seine Beteiligung an der Firma, die auch im Dienst von VW stand - in dessen Aufsichtsrat Gabriel zuvor als Ministerpräsident saß.
"Rauszuholen", gibt sich SPD-Fraktionschef Schostok sicher, sei aus diesen Verbindungen "nichts mehr". Im Gegensatz zu Wulff hätten die Genossen zeitnah für Transparenz gesorgt.
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