Untersuchung in Uiguren-Provinz: VW will Werk in China prüfen
Lange wehrte sich Volkswagen, Verantwortung für die Menschenrechte in seiner Fabrik in der Uiguren-Provinz zu übernehmen. Nun wird untersucht.
Im Jahr 2013 hatte VW zusammen mit dem chinesischen Staatskonzern Saic eine Montagefabrik in der Stadt Urumqi eröffnet. Die Investition war wohl auch auf politischen Druck zustande gekommen, um Jobs in die entlegene nordwestchinesische Provinz zu bringen. Rund 700 Menschen arbeiten hier, etwa ein Viertel davon sollen zur unterdrückten Gruppe der Uiguren gehören.
Für VW ist China überlebenswichtig, dort werden 40 Prozent der Fahrzeuge von Europas größtem Autokonzern verkauft. Noch im Mai hatte China-Chef Ralf Brandstätter bei der VW-Hauptversammlung betont, er habe bei einem Besuch in Xinjiang keine Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen entdeckt. Protestierende hielten ihm dort Plakate entgegen. Aufschrift: „Uigurische Zwangsarbeit bei VW beenden“.
Doch nun könnte das Thema wirklich gefährlich für VW – und seine Konkurrenten – werden. Das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) hat Beschwerde gegen VW, BMW und Mercedes beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) eingereicht. Die Unternehmen hätten bisher nicht belegt, dass sie „angemessen“ auf das Risiko von Zwangsarbeit in Zulieferfabriken in der Uiguren-Region reagierten, so das ECCHR am Mittwoch.
Menschenrechte auch in Lieferketten
Allerdings sind Konzerne seit Anfang 2023 durch das Lieferkettengesetz dazu verpflichtet, neben dem Schutz der Umwelt auch für Menschenrechte entlang ihrer Lieferketten zu sorgen. Auch Firmen, die im Ausland produzieren, müssen Verantwortung für Produktionsverfahren und Arbeitsbedingungen bei ihren Zulieferern übernehmen.
Die Betroffenen sind skeptisch, wie ernst VW seine Ankündigung meint: „Es ist wichtig für uns zu sehen, dass VW unsere Beschwerden ernst nimmt“, sagt Eva Stocker vom Weltkongress der Uiguren zur taz. Allerdings zweifelt sie, ob eine unabhängige Untersuchung der Menschenrechtslage in Xinjiang überhaupt möglich ist. „Kein Uigure dort kann frei sprechen. Es ist wie in einem Freiluftgefängnis.“ Eigentlich müsste sich VW aus Xinjiang komplett zurückziehen. Ähnliches gelte für die anderen von der ECCHR-Beschwerde betroffenen deutschen Autokonzerne, die aus der Region Kupfer oder Stahl beziehen.
„Ein Audit in der Region kann nicht effektiv sein“, betont auch Tilman Massa, Co-Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionäre, der die Beschwerde wegen des Lieferkettengesetzes wie die Uigurenvereinigung unterstützt. Das habe auch der TÜV erkannt und sich deshalb vor drei Jahren dort zurückgezogen. VW habe zudem nicht transparent gemacht, was genau untersucht werden solle, kritisiert Massa. Er erwartet, dass Investoren künftig auf noch mehr Transparenz auch bei den Lieferketten pochen. Neue Untersuchungen belegten, welche Zulieferer genau problematisch seien. Diese müssten von VW ausgeschlossen werden.
Tatsächlich werden auch für Investoren Menschenrechte immer wichtiger bei ihren Anlageentscheidungen. Zwangsarbeit in der Lieferkette ist häufig klares Ausschlusskriterium. Deshalb hat VW im Nachhaltigkeitsrating des Finanzdienstleisters MSCI bereits Minuspunkte wegen möglicher Verstöße gegen Sozialstandards in Urumqi bekommen.
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