Untersucht: Einer geht noch
■ Im Mai könnte schon der zweite Ausschuss an die Arbeit gehen
Noch ist es nicht amtlich, aber Bremens Parlamentarier werden es in diesem Jahr wohl mit zwei Untersuchungsausschüssen zu tun bekommen. Neben der Bauvergabe durch die öffentliche Hand sollen auch mutmaßliche Einschüchterungsversuche und Behinderungen des Bremerhavener Rechnungsprüfungsamtes von der Bürgerschaft geprüft werden. Das fordern einmal mehr die Grünen.
Ob es dazu kommt, hängt nun von der SPD ab: Zwar haben die Fraktionen der großen Koalition sich verpflichtet, der kleinen grünen Fraktion zu den notwendigen Unterschriften zu verhelfen, damit Untersuchungsausschüsse eingerichtet werden können. Aber die SPD ist noch nicht sicher, ob die Bremische Bürgerschaft für kommunale Vorgänge überhaupt zuständig ist. „Wir konnten das auch noch gar nicht prüfen“, sagte Fraktionssprecher Werner Alfke ges-tern. Die Grünen hätten erst am Nachmittag den Antragstext gefaxt. Der Fraktionsvorsitzende Jens Böhrnsen wettert indes gegen den neuerlichen grünen Antrag: „Wollen die ihre Oppositionsarbeit ganz auf Untersuchungsausschüsse beschränken?“ Schließlich klage die kleinste Fraktion schon im Parlamentsalltag leicht über Überlastung. „Vollkommen unverständlich“ sei die Befassung durch die Bürgerschaft. „Haben sie schon mal gehört, dass sich der Landtag in Hannover mit kommunalen Vorgängen in Wilhelmshaven beschäftigt?“, fragt sich der Jurist Böhrnsen.
Gelassener äußert sich sein CDU-Gegenüber Jens Eckhoff: „Es ist das Recht der Opposition, einen Ausschuss zu fordern.“ Die CDU werde deshalb wie zugesagt die notwendigen Unterschriften unter den grünen Antrag setzen. Auch über die Zuständigkeit hat Eckhoff keine Zweifel: „Das hat der Staatsgerichtshof legitimiert.“ Es sei auch nicht das erste Mal, dass die Bügerschaft Vorgänge in Bremerhaven untersuche.
Echhoff hofft nun vor allem, dass sich der Aufwand für den zweiten Ausschuss in Grenzen hält: „Hoffentlich kommen wir, wie von den Grünen angedeutet, ohne zusätzliche Mitarbeiter aus.“ Daraus wird allerdings wohl nichts werden: „Wir wollen hier keine Billiglösung“, sagt Manfred Schramm, der für die Grünen im Ausschuss sitzen soll. Der Ausschuss solle sechs Mitglieder haben, die durch externe Assistenten unterstützt würden. Schramm will nicht nur die Herkunft des umstrittenen Knebelvertrags geklärt wissen, der dem Leiter des Rechnungsprüfungsamtes, Rainer Mattern, zur Unterschrift vorgelegt worden war. Auch die Vorgeschichte sollte der Ausschuss seiner Meinung nach aufrollen: Gegen Mattern läuft seit Jahren ein Disziplinarverfahren, das nicht recht von der Stelle kommt. Dennoch ist der zeitliche Horizont kürzer als im Bauvergabe-Ausschuss: Bis Jahresende, schätzt Schramm, könnte die Rechnungsprüfungs-Affäre aufgeklärt sein.
Damit würde der zweite Untersuchungsausschuss billiger als der erste, für den die Bürgerschaftsverwaltung Kosten von 800.000 Euro einkalkuliert. Bisher ungeklärt ist, wo der Ausschuss unterkommen soll. Schon der Ausschuss Bauvergabe hat Fraktionsräume in Beschlag genommen. „Wir haben darüber noch nicht nachgedacht“, sagt Bürgerschaftsdirektor Rainer Oellerich, „aber wir werden schon ein Plätzchen finden.“ Bis zur Maisitzung der Bürgerschaft bleibt ihm noch Zeit, dann wird wohl der Einsetzungsantrag gestellt werden.
Jan Kahlcke
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