: Unterm Strich
Das Thema DDR-Autoren und ihr Verhalten im SED-Staat steht erneut im Mittelpunkt der Jahrestagung des westdeutschen PEN-Zentrums, die am Donnerstag abend in Hannover mit einer Podiumsdiskussion zum Thema „Deutschland — Deine Dichter“ begann. Die Kieler Jahrestagung im Mai 1990 war wegen Auseinandersetzungen um den ehemaligen DDR-Vizekultusminister und das PEN-Ost-Mitglied Klaus Höpke mit einem Eklat zu Ende gegangen. Zur jetzigen Jahrestagung hat der westdeutsche PEN den Vorstand des PEN- Zentrums Ost eingeladen. Die Tagung geht heute zu Ende, auch die eskalierende Ausländerfeindlichkeit in der Bundesrepublik wird diskutiert. Der Nachfolger des im September gestorbenen PEN-Generalsekretärs Hanns Werner Schwarze wird Manfred Bissinger sein. Der Merian-Chefredakteur soll heute gewählt werden. Der Münchner Autor Gert Heidenreich soll Carl Amery als PEN-Präsidenten ablösen.
Die mit dem diesjährigen Literaturnobelpreis ausgezeichnete Südafrikanerin Nadine Gordimer sieht der Zukunft ihres Landes mit Zuversicht entgegen. „Ich glaube, daß wir nach Generationen der Unterdrückung jetzt kluge Männer und Frauen unter unseren künftigen Führern haben — weiße und schwarze“, sagte sie in Johannesburg. Als „außerordentliches Phänomen“ bezeichnete sie „die Abwesenheit von Rassismus, von anti-weißen Gefühlen unter den schwarzen Südafrikanern“. Sie unterstrich, daß sie mit den politischen Zielen der Befreiungsbewegung Afrikanischer Nationalkongreß (ANC) übereinstimme und es bemerkenswert fand, als Weiße der Organisation beitreten zu können. Als „normal“ bezeichnete Gordimer die kritischen Stimmen zu der Entscheidung des Nobelkomitees, ihr den Preis zu verleihen. Es gebe keinen südafrikanischen Schriftsteller, der im eigenen Land ein großes Publikum habe, „weil die Ausbildung schlecht ist und es nur wenige Büchereien gibt“. Einen „großen Teil“ des Preisgeldes werde sie an bedürftige Organisationen und Einzelpersonen verteilen, kündigte sie an.
Im Vorfeld der Gedenkfeier zum 25. Todestag von Wieland Wagner am vergangenen Donnerstag ist es zu einer offenen Auseinandersetzung zwischen Wieland-Tochter Nike und seinem Bruder und Festspielleiter Wolfgang gekommen. Nike Wagner hatte im Namen der Familie Wieland Wagners die Teilnahme an der für den Abend geplanten Feier abgelehnt. Das Programm sei zu provinziell und werde der bühnen- und geschichtsträchtigen Figur ihres Vaters nicht gerecht, schrieb sie in einem offenen Brief. Wolfgang Wagner verwahrte sich nun ebenfalls in einem offenen Brief gegen den „durchgängig besserwisserischen und unangemessen-belehrenden Ton“ seiner Nichte. Ihre Vorstellungen würden den Rahmen einer Gedenkfeier sprengen und hätten die Durchführung eines mindestens vierzehntägigen wissenschaftlichen Symposiums zur Folge gehabt. Einmütig verteidigen Wolfgang Wagner, der Oberbürgermeister und der Richard-Wagner-Verband das Programm, in dessen Mittelpunkt ein Vortrag von Oswald Georg Bauer steht. Sein Thema: „Wieland Wagner: Der Weg ist das Ziel.“
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