: Unterm Strich
Seine am vergangenen Wochenende im britischen Observer geäußerte Kritik an dem türkischen Schriftsteller und Journalisten Aziz Nesin sei in vielen Ländern verkürzt und „auf extrem unfaire Weise“ wiedergegeben worden, sagte Salman Rushdie in einem Gespräch mit Thierry Chervel für die – nein, nicht die taz, sondern die FAZ (Samstagausgabe). Rushdie hatte dem Herausgeber der türkischen Zeitung Aydinlik, dem vor allem der Brandanschlag mit 36 Todesopfern auf ein Hotel in Sivas (Türkei) gegolten hatte, vorgeworfen, sein Buch „Die satanischen Verse“ für eigene politische Zwecke mißbraucht zu haben. Jetzt betonte Rushdie, er und Nesin stünden auf derselben Seite, da sie beide den islamischen Fundamentalismus bekämpften. Nicht Nesin hat durch seine Rede in Sivas die Gewalt zu verantworten, sondern die Verantwortung liegt ganz allein bei den Fanatikern, so Rushdie. Falls Nesin nach England käme, würde er sich freuen, ihn zu sehen. Im Kampf gegen religiösen Fanatismus sollte Nesin sich mit ihm verbünden. – Andere Autoren führen, besser führten ein offensichtlich ruhigeres Leben: Im hohen Alter von 95 Jahren ist in Tokio der Autor des japanischen Welterfolges „Schwarzer Regen“, Masuji Ibuse, gestorben. Ibuse galt als einer der größten modernen Erzähler des Landes. 1966 erschien mit „Schwarzer Regen“ sein Meisterwerk über die Folgen des amerikanischen Atombombenabwurfs auf Hiroshima.
Und damit man auch die Werke verfemter sowie geschätzter Autoren lesen kann, will der neue Chef der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB), Johannes Marte, deren Öffnungszeiten ändern. Obwohl man dächte, dies wäre sowieso die vornehmste Aufgabe einer Nationalbibliothek, nämlich Zugang zum „Weltgebäude der Gedanken“, wie die ÖNB einmal genannt wurde, zu sein, soll ihr Bestand mehr Öffentlichkeit erhalten. Vor allem in den Abendstunden, denn wie soll jemand auf dem zweiten Bildungsweg studieren, wenn just während dieser Zeit die Bibliothek geschlossen ist?
Um osteuropäischen Wissenschaftlern den Zugang zu Bibliotheken zu erleichtern und damit die Bibliotheken in Mittel- und Osteuropa selbst ihre Sammlungen erhalten und erweitern können, hat der J. Paul Getty Trust in Santa Monica, Kalifornien, rund eineinhalb Millionen Dollar an Stipendien gestiftet. Unter anderem bekam das Institut für die Wissenschaft vom Menschen in Wien für ein Übersetzungsprogramm 82.000 Dollar verpaßt. Das bedeutet zweifellos noch mehr – internationale – Öffentlichkeit für Österreichs Beitrag zum Weltgebäude der Gedanken.
Was das bedeutet, zeigt eine Untersuchung des Niederländischen Kultusministeriums, die feststellte: Wer als Grundschüler mehrmals eine kindgerechte Museumsführung erlebte, hat später ein größeres Interesse an Kunst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen