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Unterm Strich

Es wird gestohlen: Aus einer Buchhandlung in Toronto sind wertvolle Bücher und Briefe von Ernest Hemingway, Francis Scott Fitzgerald und Morley Callaghan geklaut worden. Die Diebe agierten in einer außergewöhnlichen Kombination von bibliophiler Kompetenz und krimineller Energie. Sie sprengten den Panzerschrank der Buchhandlung und entwendeten nach systematischer Durchsicht und Lektüre in aller Ruhe die wertvollsten Stücke: zwei von Hemingway mit Widmungen versehene Romane und sein Briefwechsel mit Callaghan sind nach Auskunft des armen Buchhändlers allein 200.000 Dollar wert.

Es wird gezögert: Jetzt ist auch die Berliner SPD dafür, die für den 14.11. geplante Einweihung der Neuen Wache Unter den Linden zu verschieben und endlich eine öffentliche Debatte zu führen. Es zeichne sich „ein immer größerer Widerstand gegen den unverantwortlichen Alleingang des Bundskanzlers in dieser wichtigen Frage“ ab, erklärte Nikolaus Sanker, kulturpolitischer Sprecher der SPD. Er stellte das Konzept der Gedenkstätte als „nationale Kranzablagestelle“ grundsätzlich in Frage und forderte, „für den jeweils spezifischen Anlaß des Gedenkens auch den spezifischen Ort herauszufinden“. Da wird er aber nicht viel Erfolg haben. Das widerspricht nämlich dem Bonner Konzept der Fußläufigkeit, das auf Regieren, Verwalten und Gedenken um die Ecke setzt.

Es wird erhitzt: In diesem Falle das italienische Gemüt anläßlich einer Denkmalsetzung für den Regisseur und Autor Pier Paolo Pasolini. Am 2.11. wollen Bürger des kleinen Seebades Ostia bei Rom, wo Pasolini vor 18 Jahren auf brutale Weise umgebracht worden war, das erste offizielle Denkmal für ihn errichten. Für die geplante schlichte Säule sind bereits 35.000 Mark gesammelt. Aber da sind andere dagegen: über hundert Unterschriften gibt es bereits gegen die späte Würdigung. Anwohner und Kaufleute wollen sich nicht „mit einer solch zwielichtigen Figur beflecken“ (da köchelt offenbar schon das Hirn). Außerdem könne der Lebenswandel Pasolinis, der als unorthodoxer Marxist und Homosexueller schon immer vielen Anfeindungen ausgesetzt war, „kein leuchtendes moralisches Vorbild für die Jugend“ sein.

Es wird gefordert: Mehrere Persönlichkeiten aus dem Kulturbereich, darunter der Vize-Präsident des Internationanlen PEN-Clubs, der Kroate Predraj Matvejević, haben am Montag in Paris den Europarat dazu aufgerufen, die belagerte bosnische Hauptstadt Sarajevo zur europäischen Kulturhauptstadt zu erklären. Nach dem Vorschlag soll Sarajevo den Titel von diesem Dezember bis zum Februar 1994 tragen.

Es wird geheult: Isabel Allende, Autorin des soeben monumental verfilmten Romans „Das Geisterhaus“, wurde angesichts der Wiederentdeckung ihrer „eigenen Personen nach so langer Zeit im Kino“ von Rührung übermannt. Rührend,das.

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