: Unterm Strich
Noch mehr Kurioses aus der Kunstwelt: In Mannheim werden „Mafia-Reliquien“ gezeigt. Zusammen mit dem italienischen Kulturinstitut eröffnete die Galerie Halskratz eine Ausstellung, die der Mailänder Künstler Antonio Riello zusammengetragen hat. Die Filzhausschuhe mit Reißverschluß, die der Pate Frank Coppola bei seiner Verhaftung 1971 trug, zählen zu den erstaunlichsten milieuspezifischen Objekten, daneben sind Hut und Brille von Lucky Luciano und eine Literflasche Wein vom Tisch Genco Russos zu sehen. Wäre alles recht lustig, wenn Riello damit nicht ganz weit hinauswollte – ans Licht der Aufklärung. Im Katalog der Ausstellung heißt es dazu, Riello zeige das auf Gewalt, Dummheit, Arroganz und Korruption gegründete Reich der Mafia im falschen Licht von Glanz und Glamour. Deshalb hat er einige Objekte zusätzlich verfremdet: Das Dekor auf einem weiß-goldenen Kaffeeservice ist erst im zweiten Blick als Muster aus Totenköpfen zu erkennen, Trinkgläser wurden mit goldenen Galgen verziert, und auf einem Wandteller sieht man das Polizeifoto eines Folteropfers. Erinnert irgendwie an die Psychoanalytiker- Karikatur mit den Frauenkörpern, aus denen sich die hohe Stirn des Seelenklempners formt.
Das Bielefelder Naturkundemuseum zeigt „Bildnisse früher Menschen“. Während Anthropologen und von Spielberg angeregte Genforscher unermüdlich an der 1991 gefundenen Gletschermumie namens „Ötzi“ herumwerkeln, beschäftigt man sich in Bielefeld mit der Kulturgeschichte der Darstellung solcher Funde. Unter den etwa 100 Exponaten befinden sich ein 7.500 Jahre altes Menschenköpfchen aus Ton, die Rekonstruktion einer 30.000 Jahre alten Löwen-Menschen-Figur, die in Süddeutschland gefunden wurde, sowie jede Menge Silbermünzen, Buchillustrationen und Gemälde zum Thema.
Der französische Erzähler Pierre Boulle ist in der Nacht zum Montag in Paris gestorben. Boulle wurde 81 Jahre alt. Als Autor, der vor allem seine Kriegserlebnisse zu Papier brachte, kam er mit dem Roman „Le pont de la rivière Kwai“ zu plötzlichem Ruhm, als der Stoff 1958 unter dem Titel „Die Brücke am River Kwai“ verfilmt wurde und einen Oscar erhielt. Außerdem schrieb Boulle die Science-fiction-Vorlage zu „Planet der Affen“.
Meldungen aus dem Verlagswesen sind ja in der letzten Zeit eine recht morbide Angelegenheit – ein Kollaps hier, ein Exitus dort. Um so schöner, daß wir da einmal etwas Angenehmes zu verkünden haben: In Berlin wird es nämlich bald einen „Berlin Verlag“ geben. Das Geld für die Sache kommt von Suhrkamps Siegfried Unseld, das Know-how von Arnulf Conradi, der unlängst unsanft aus dem S. Fischer Verlag geschieden war. Zu erwarten ist bei Conradis Kontakten und Vorlieben ein angelsächsisch-amerikanischer Schwerpunkt des Programms.
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