: Unterm Strich
Für gewöhnlich informieren wir Sie über wichtige Ereignisse ja erst dann, wenn sie auch stattgefunden haben. Das entspricht einerseits ziemlich genau unserem Sicherheitsbedürfnis, ist aber auch Ausdruck unseres unbedingten Verantwortungsgefühls Ihnen, liebe LeserInnen, gegenüber. Denn nichts ist so frustrierend, wie irgendwie scharfgemacht zu werden, und plötzlich soll gar nichts gewesen sein. Aus Trainingsgründen – bezüglich der redaktionellen Risikofreude und einer erweiterten Frustrationstoleranz bei der LeserInnenschaft – machen wir das heute einmal anders. Und verlesen einige Verse aus der „Terminvorschau Kultur/ Wissenschaft“ unserer Lieblingsagentur. Zum Eingewöhnen beginnen wir mit zwei Veranstaltungen am vorgestrigen Samstag: In Bristol ordinierte die anglikanische Kirche die ersten 35 Priesterinnen, und während der Telemann-Festspiele in Magdeburg erhielt der Oratorien-Tenor Peter Schreier den gleichnamigen Preis. (Hatten wir Ihnen übrigens – todesmutig – bereits vor Wochen schon angekündigt.) Gestern – Sie merken, wir nähern uns der Zukunft ganz behutsam – begann in Glasgow ein Internationaler Kongreß über „Rauchen und Krankheiten“; was für welche, wissen wir leider nicht. Heute – nur Mut, kleine Kurzmelderin, nur Mut! – wird in Hannover der Deutsche Märchenpreis vergeben, spätestens morgen können Sie dann an dieser Stelle lesen, an wen; und in Bad Segeberg – nur der Himmel weiß warum – treten die
evangelischen Militärgeistlichen zu ihrer 39. Gesamtkonferenz zusammen; auf dem Winnetou-Freilichtgelände, vermutlich. Am morgigen Dienstag wird es irgendwie langweilig, den können wir ruhig vernachlässigen. Aber am Mittwoch eröffnet einerseits die Leipziger Buchmesse, und in Mainz findet eine ebenso spannende wie notwendige Tagung zum Thema „Prothetik und Implantologie“ statt. Donnerstag wird vor dem Berliner Landgericht in Sachen Suhrkamp Verlag gegen Verlag Volk und Welt wegen „Plusauflagen“ verhandelt; was das ist, erklären wir Ihnen ein andermal. In Gießen trifft man sich derweil zum Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und in San Antonio/Texas zu einem Symposium über Musik in der Medizin (Stichwort: „Zur Bedeutung des Rumbas während der Blinddarmoperation“). Freitag ist jede Menge los: in Marl wird der 30. Adolf-Grimme-Preis verliehen und der Leipziger Buchpreis dortselbst an den polnischen Autor Ryszard Kapuscinski. „Die Prinzen“ starten in Halle ihre Tournee, in Berlin redet man auf einer Tagung ausschließlich über Lungenentzündungen, und in Bad Rothenfelde ist endlich wieder Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz- und Kreislauferkrankungen. Die Woche schließt einen Tag früher als gewohnt am Samstag mit der Verleihung des Deutschen Tanzpreises an Maurice Béjart und einer angesichts der zunehmenden Regenfaulheit begrüßenswerten Internationalen Konferenz über die Gewinnung von Trinkwasser in Noordwijk/richtig: Niederlande. Alle Angaben erfolgten wie angekündigt ohne Gewähr. Ein Rechtsanspruch auf das Stattfinden aller genannten Veranstaltungen kann nicht gewährt werden.
Aus den Niederungen der Fußgängerzone einer norddeutschen Kleinstadt rief unser treuer Leser Johann Aho an. Er befinde sich gerade in einer Telefonzelle, von der aus er direkte Sicht auf eine Stellwand mit der West-Werbung habe, die am Freitag in dieser Zeitung inkriminiert wurde. Die Person, die uns als „der freundliche Herr links“ erschien, sei nun aber wirklich weiblichen Geschlechts. Auch hätten wir wohl mit einem tiefen inneren Zwiespalt zu kämpfen, wird doch am Anfang der Geschichte von der „durchschnittlichen taz-Leserin“ gesprochen. Auswirkung des Frauentages? Folge gar einer androgynen Weltsicht, die durcheinandergeraten ist? Für Zweifler sei doch unten auf dem Plakat extra die Gattungsbezeichnung „Öko-Frau“ eingedruckt. „Na gut“, sagte Johann Aho, „sind ja winzige Buchstaben.“ Und sowieso: größere Sorgen als unsere Nachlässigkeit bereite ihm die Tatsache, daß ein halbwegs berühmter deutscher Dichter noch nicht dementiert hat, „der junge Mann rechts“ zu sein. Den hatten wir einen „abgehalfterten Trekki aus den späten 80ern“ genannt. R. G., bitte melde Dich!
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