: Unterm Strich
Mit fremden Zungen sich zu schmücken gilt im Theater ja überhaupt als die eigentliche Kunst. So oder ähnlich wird auch der Wittenberger Pfarrer Friedrich Schorlemmer über die Weltenbühne gedacht haben, als er das 18. Duisburger Kulturfestival „Akzente“ zum Thema „Macht und Moral“ miteröffnete. Prompt sprach es aus ihm nicht minder versiert, als sein Vorredner Johannes Rau es lammfromm von der Kanzel gebetet hatte. Dieser gab sich ganz überparteilich und redete davon, daß Parteien „das Leben der Menschen ein Stück besser machen“ oder „sich zum Teufel scheren“ sollen. Der Herr Pfarrer lenkte mit einem perfiden Aphorismus in die zweite Runde der Festbeiträge ein: „Macht ist, zu können, was man will, Moral, zu tun, was man darf.“ Dann verlor sich der solcherart chiasmierte Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels 1993 im Taumel der Rhetorik, überkreuzte Ablehnung mit Redlicheit, bewertete aber in seinem Restvortrag das DDR-System im Rückblick als zutiefst amoralisch. Und plötzlich war sie wieder da, die Rettung des Allgemeinen im Crossover: Zum Finish stellte Schorlemmer klar, daß, wer den Gegensatz zwischen Macht und Moral für unausweichlich halte, der Macht prinzipiell die Fähigkeit zur Moral und der Moral die Fähigkeit zur Macht nehmen würde. Na gut.
Neulich hatten wir knapp danebengelegen mit unserer Einschätzung mönchischer Tradition betreffs des Klosters Maulbronn. Nun gibt es Neues aus den südlichen Provinzen zu berichten, und diesmal soll die Geschichte bei der Wahrheit bleiben: Nach dem vermaledeiten Kloster ist nun auch die Altstadt von Bamberg offiziell durch die Unesco zum Kulturerbe der Welt erklärt worden. Der im Jahr 902 erstmals urkundlich erwähnte oberfränkische Bischofssitz mit seinen Barockbauten und Gartenanlagen zählt damit zu insgesamt 411 herausragenden und besonders schützenswerten Objekten in aller Welt (so eine Art Pandabär aus Stein also). Auf der Liste stehen unter anderem das indische Taj Mahal, die Pyramiden von Gizeh, der Serengeti Nationalpark und das Haus aus den Knochen von Cary Grant, wegen des schönen Liedes, das Max Goldt darüber gesungen hat. In Deutschland werden übrigens Potsdams Schlösser, Dome zu Aachen oder Speyer und diverse Stadtkerne geschützt, u.a. die von Goslar und Lübeck ...
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen