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Unterm Strich

Potztausend und wirklich ärgerlich muß man die Nase darüber rümpfen, daß Spike Lees letzter Film, „Crooklyn“, nicht in die deutschen Kinos kommt, bloß weil UIP findet, daß er in den USA „nicht besonders gut läuft“. Was sollas? Hat euch die Sache mit „Malcolm X“ nicht gezeigt, daß auf diese Art von Spekulationen kein Verlaß ist? Her mit dem Film, aber ein bißchen plötzlich, sonst werfen wir mit Spatzen vom Dach. Nach dem Motto „Besser ein Spatz am Kopp als eine Meise auf dem Grill“.

Vom Kalkül her dann wieder logisch ist hingegen die Sache mit Reservoir Dogs, die nun wieder in die Kinos kommen, weil Tarrantinos Pulp Fiction in Cannes so gut abschnitt, und dem hatte man ja zunächst auch nicht viel zugetraut (dem, der mit den Hunden tanzt, meine ich). Nun, das sind alles dann letztlich unberechenbare Dinge.

Man freut sich bei der Filmförderungs- und -besserungsanstalt FFA zu Recht über eine Besucherzahlensteigerungserfreulichkeitsrate um 23 Prozent im Beitrittsgebiet und um sechs Prozent im Auffanggebiet. Die Umsätze im Osten schnellten ebenso mit 40 Prozent steil in die Höh', der Umsatz insgesamt auf 430 Millionen gegenüber dem Vorjahr. Mit einem kleinen Paukenschlag verzeichnete man dort auch, daß der Verband der privaten Rundfunk- und Fernsehanbieter sich inzwischen zu einem kleinen Obolus an die FFA breitschlagen ließ, was tatsächlich einigermaßen erstaunlich ist. (Oder kennen Sie das aus anderen Wirtschaftszweigen, daß, wer dem einen mit der Linken das Wasser abgräbt, es ihm mit der Rechten wieder hineinschüttet?)

Der mit einiger Verdrucksung unlängst prämierte Bernd („Das Geisterhaus“) Eichinger hat mittlerweile die Filmrechte für „Das Superweib“ von Hera Lind, der aktuellen Bestsellerin, erstanden. Den werden wir dann wohl auch wieder anschauen müssen. Es geht auch nicht ein Kelch an uns vorüber, nicht mal ein kleines Milchkännchen, dabei gibt es so schöne, zum Beispiel sogar von Ikea, solche mit blauen Blümchen, sehen richtig ein bißchen antik aus.

Heiner Geißler ist inzwischen auch so auf den Hund gekommen, daß er sich den Orden Wider den tierischen Ernst aufdrängen ließ, wenngleich auch unter der ihn ein wenig rehabilitierenden Bedingung, daß er nicht vom Präsidenten geküßt werde.

Die NRWler haben ja ein Händchen, wenn es ums freiflottierende Betiteln geht, Sie erinnern sich an die Sache mit „Ein starkes Stück Deutschland“ über das Ruhrgebiet. Nun hieß eine Tagung (die taz-Medienseite berichtete) zum Thema neue Technologien Die digitale Medienrevolution – ferne Vision oder reale Option, das ist genau der Rhythmus, bei dem ich immer mitmuß, und anläßlich dieser fragt sich die filmwoche, ob Sittlichkeit und Anständigkeit angesichts eines Massenangebots noch zu garantieren seien. Sind

sie schon jetzt nicht mehr, können wir Ihnen flüstern, oder haben Sie noch nie „Boulevard Bio“ gesehen?

Wir sind besonders froh, Ihnen mitteilen zu dürfen, daß der Trauernde Johannes aus Braunsdorf wieder aufgetaucht ist, aus dem 11. Jahrhundert, und daß er seinen Platz in der Reihe der wertvollen Schnitzplastiken in der Eisenacher Predigerkirche wieder eingenommen hat.

François Mitterrand wiederum hat, anläßlich des traditionellen Musikfestes zum Sommeranfang, am Dienstag abend 2.000 Gäste zu einem Schlagerabend in den Elyseepalast mitgehen heißen, unter denen wir nicht waren, unter denen aber sehr der Sänger Julien Clark war, der seinen Hit „Californie“ dort sang. Stundenlang hatte der Pariser nach der kostenlosen Eintrittskarte angestanden und dann eben – trau, schau wem – oft keine erhalten oder eine gefälschte erhalten, die dann nachher gar nicht's nützte an der Tür, weil's bemerkt wurde und man dem Fälscher draufgekommen war. Das konnte man dann immerhin als Peinlichkeitsmoment verbuchen.

Der bayrische Arzt und Kabarettist Georg Ringsgwandl ist „Star“ des diesjährigen Literaturwettbewerbs, auch wenn Sie das erstaunt, denn danach geht's gar nicht! Im Mittelpunkt der Chose wird wie immer die Vergabe des Ingeborg-Bachmann-Preises stehen. Der Literaturredakteur, ohne den wir in diesen Dingen praktisch keine Meinung haben, weilt derweilen ohne Wenn und Aber im Freien und auch ohne Telefon. (Jörg, ruf doch mal an!)

Den mit 20.000 Mark gar nicht mal schlecht dotierten Hans-Erich-Nossack- Preis des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft erhält in diesem Jahr Edgar Hilsenrath. Er wurde in Deutschland zunächst durch seinen Roman „Nacht“ (1964) und schließlich mit „Der Nazi und der Friseur“ bekannt. Der 1926 in Leipzig geborene Hilsenrath hatte in Rumänien gelebt, als er von den Nazis in ein ukrainisches Ghetto deportiert wurde, von wo es ihm gelang, in die USA und später nach Palästina zu fliehen. Seit 1975 lebt Hilsenrath in Deutschland, um nicht zu sagen in Berlin. Wir gratulieren.

Gut geschlipst ist halb gewonnen, und so haben Claes Oldenburg und Frau Coosje van Bruggen eine zwölf Meter hohe Skulptur vor dem Hochhausturm der Deutschen Bank errichtet.

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