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Unterm Strich

Im Spiegel vom letzten Montag waren neue Vorwürfe gegen Marcel Reich-Ranicki erhoben worden. Reich-Ranicki habe, wie der polnische Journalist Janus Tycner glaubt beweisen zu können, von seiner Wiederaufnahme in die Kommunistische Partei Polens wissen müssen. Er war 1950 aus der Partei ausgeschlossen, nach neueren Recherchen aber am 22.2.1957 wieder in die Partei aufgenommen worden. Letzteres hatte Reich-Ranicki bisher verschwiegen. Nun erklärt er zu den neuen Vorwürfen in der FAZ: „Ich bin nach dem Ausschluß aus der Partei im Jahre 1950 nicht wieder aufgenommen worden und habe keinen Parteiausweis erhalten. Sollte es einen derartigen Beschluß gegeben haben, wurde er mir niemals mitgeteilt.“

Am Montag begann in Bielefeld der 13. Weltkongreß für Soziologie. Sechs Tage lang wird über das Thema „Umstrittene Grenzen und sich wandelnde Solidaritäten“ gesprochen. Im Mittelpunkt des Kongresses steht der radikale Umbruch, dem nahezu alle Gesellschaften derzeit ausgesetzt sind. In sechs Symposien beraten die erwarteten 4.500 Teilnehmer unter anderem über die Auswirkungen internationaler Wanderungsbewegungen, die Zukunft des Sozialstaates und die Auswirkungen ethnischer, religiöser und nationalistischer Strömungen auf die Gesellschaftssysteme.

Am Donnerstag wird Literaturpreisträger Alexander Solschenizyn endlich in Moskau eintreffen. Seit dem 27. Mai, als er aus seinem amerikanischen Exil endgültig in seine Heimat zurückkehrte, reiste er mit seiner Frau von Wladiwostok aus per Zug Ort für Ort Richtung Moskau, um sich in Gesprächen mit der Bevölkerung über die Lage im Land zu informieren. Moskau wird damit um zwei Einwohner reicher, das Feuilleton der FAZ dafür um eine Rubrik ärmer. Sie hatte Solschenizyns „Weg nach Moskau“ täglich begleitet. 46 Tage lang.

Kulturverfall? Nie! Ein Schlag ins Gesicht aller Kulturpessimisten, die uns immerzu vorhalten, wir würden das Falsche mögen oder uns zu Tode amüsieren (gar nicht die schlechteste Methode im übrigen), ist eine Meldung des Statistischen Jahrbuchs des deutschen Städtetages: die deutschen Museen hatten 1993 mehr Besucher als die Fußballbundesliga. Die Besucherzahl in den 1.200 Museen ist mit 56 Millionen achtmal höher als die Anzahl der Fußballkucker im Stadion. Zweifelsfrei und bombensicher.

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