: Unterm Strich
Mit großer Erleichterung hat die Familie von Taslima Nasrin am Donnerstag auf die Nachricht von ihrer Ankunft in Schweden reagiert. „Wir sind noch nicht wieder in der Lage, unser normales Leben zu führen, aber ich bin unglaublich erleichtert, daß zumindest Taslima außer Reichweite der Fanatiker ist“, sagte ihr Vater Rajab Ali in seiner Heimatstadt Mymensingh im Norden Bangladeschs. „Ich bin heute ohne Alpträume aufgewacht.“ Der 63jährige Landarzt berichtete: „Meine Familie lebte in ständiger Angst, weil militante Moslems alle meine Kinder bedrohten.“ Seine Patienten seien von den Radikalen davor gewarnt worden, sich bei ihm behandeln zu lassen. Zweimal hätten ihn die Extremisten daran gehindert, mit dem Zug in die 120 Kilometer entfernte Hauptstadt Dhaka zu reisen. Am meisten aber habe er sich Sorgen um die Sicherheit seiner Tochter Taslima gemacht. „Wochenlang hatten wir keine Information über ihren Aufenthaltsort“, sagte Ali. Unterdessen kam es am Donnerstag in Dhaka zu neuen Demonstrationen. Rund 500 radikale Muslim-Studenten forderten in Sprechchören „Tod für Taslima Nasrin“ und warfen der Regierung vor, der von ihnen verfolgten Frauenrechtlerin die Flucht ermöglicht zu haben. Bereitschaftspolizisten hinderten die Demonstranten daran, vor den Amtssitz des Regierungschefs zu ziehen.
Ida Chagall, die einzige Tochter des Malers Marc Chagall, ist im Alter von 78 Jahren in Frankreich gestorben. Wie das „Nationale Museum der biblischen Mitteilungen Marc Chagall“ (sic) am Donnerstag in Nizza bekanntgab, erlag sie am Mittwoch in ihrem Sommersitz in Brulat du Castellet bei Nizza einer Krebserkrankung. Ida Chagall wurde 1916 in Witebsk (Weißrußland) – Chagalls Geburtsort – als Kind des Malers mit seiner ersten Ehefrau Bella Rosenfeld geboren. Sie kümmerte sich um die Werke ihres Vaters, organisierte große Ausstellungen und verschenkte viele der Gemälde an französische Museen, vor allem das nationale Museum für Moderne Kunst in Paris.
Joseph Goebbels kommt im neuen Jahrbuch der Richard-Wagner-Gesellschaft im österreichischen Graz zu Ehren. Unter dem Titel „Richard Wagner und das Kunstempfinden unserer Zeit“ wird kommentarlos ein Goebbels-Artikel über die „Meistersinger“ abgedruckt. Außerdem enthält der Band eine „Bayreuther Erklärung der Jungen Nationaldemokraten“ anläßlich der Eröffnung der Wagner-Festspiele 1993. Textprobe: „Durch linksliberalistische Entartung wird das grandiose Werk Richard Wagners, eines der größten Söhne unseres Deutschen Volkes, in den Dreck gezogen“. Diese Dekadenz müsse „gnadenlos“ bekämpft, die „Kulturbolschewisten“ müßten verjagt werden. Der Vorsitzende der Richard-Wagner-Gesellschaft, Franz Ehgartner, erklärte den unkommentierten Goebbels-Artikel mit einem Layoutfehler. Was haben wir gelacht!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen