: Unterm Strich
Eine in der Tat verblüffende Erklärung für die wenig begeisterte Aufnahme des von ihm inszenierten Jelinek-Stücks „Raststätte oder Sie machen's alle“ an der „Burg“ zu Wien hat Klaus Peymann gefunden. „Nicht das Stück, das Publikum ist durchgefallen“, sagte er in einem Interview der Illustrierten News. Die Theatergänger, darunter „besserwissende Regiekollegen und Schauspieler und dann die Lemurenfraktion“, sei nicht bereit gewesen, „die wunderbare Sprache der Jelinek zu hören“.
Im Berliner Künstlerhaus Bethanien diskutiert man indes seit gestern seminarweise über die Frage „Wie kann man Sex und Gewalt darstellen, ohne alles zu zeigen?“ Und während wir hier uns noch fragen, was „alles“ genau heißen mag („das Äußerste“? „das Unnennbare“? „nackte Tatsachen“?), dealt die an die Presse gegebene Mitteilung auch schon eifrig mit der Aktualität dieser Frage aufgrund von Oliver Stones „Natural Born Killers“. Das Seminar, das noch bis zum 19. läuft, wird von einem anderen Regisseur, Andrew Birkin (Berliner Silberbär 1993 mit „Der Zementgarten“), geleitet. Genauere Fassung der Titelfrage: „wie sich erotische Spannung oder eine Atmosphäre der Gewalt auf der Leinwand herstellen lassen, ohne Pornographie oder einen Horrorfilm daraus zu machen“.
Streit um die Gebeine des Kaiphas: Das israelische Religionsministerium hat vom Stuttgarter Landesmuseum deren sofortige Rückgabe gefordert. Die Knochenkästen, sogenannte Ossuare, waren vom Landesmuseum für die Ausstellung „Mit Thora und Todesmut – Judäa im Widerstand gegen die Römer“ in Aalen ausgeliehen worden, sollten dort noch bis zum 8. Januar und anschließend in Hamburg gezeigt werden. Unklar ist bislang, warum genau diese Knochenkästen mit soviel Verve zurückgefordert werden. Kaiphas war übrigens der Vorsitzende im Gerichtsverfahren gegen Jesus, den Nazarener.
Daß auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuß- Gaststätten Preise an engagierte Journalisten und dem Journalismus verpflichtete Kunstschaffende vergibt, war uns hier offen gestanden bislang kein Begriff, aber so oder so geht die mit 5.000 Mark dotierte Auszeichnung an Doris Dörrie für ihren in der ARD ausgestrahlten Kellnerinnenreport „Was darf's denn sein?“ Gastronomiekenner innerhalb der Redaktion zeigten sich von dem Film „begeistert“.
Dem Kunsthandwerk in Schützengräben und Gefangenenlagern widmet sich eine am 25. d.M. losgehende Ausstellung im Kölner Museum für angewandte Kunst. Gezeigt werden „Objekte, die aus Kriegsmaterial wie Kartuschen, Plexiglas oder Aluminium abgestürzter Flugzeuge sowie diverser anderer Ausgangsstoffe – angefangen von ausrangierten Kochtöpfen über Knochenabfälle aus der Lagerküche bis hin zu Kabeldraht, Holz, eingeschmolzenen
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