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Unterm Strich

Die Aussichten des ägyptischen Kinos entscheiden sich zunehmend im Gerichtssaal statt in den dafür vorgesehenen Lichtspielhäusern: Badie Sobhi, Kinobesitzer aus dem Hauptstadtviertel Choubra, wurde zu drei Monaten Zwangsarbeit und einer Geldstrafe von etwa 500 Mark verdonnert, weil er den Austausch eines langen Filmkusses zwischen Nadia Lotfi und Abdel Halim Hafez in dem West-Side-Story-haften Musical „Abi foq al-Chagara“ (Mein Vater unterm Baum) vorgeführt und ein Plakat mit ebendiesem Kuß vor seinem Kino angebracht hatte. Das Musical kam 1969 erstmalig auf die Leinwände und spielt seitdem immer ein schönes Geld ein. „All das hat überhaupt nichts mit diesem unglückseligen Plakat von vor sechsundzwanzig Jahren zu tun. Das ist schlicht und einfach eine Schikane der Justiz. Man hat mich vor allem verurteilt, weil ich Christ bin, und außerdem, weil sie die Macht wollen.“

Losgetreten hat die Klage der Scheich Youssef Al- Badri, der sich in den letzten zwei Jahren einen Namen durch Anzeigen und Schmähschriften gegen Regisseure gemacht hat. Seiner Auffassung nach hat das Ganze nichts mit religiösen Vorurteilen zu tun, sondern mit der Forderung nach öffentlichem Anstand, der das Gericht in diesem Fall gefolgt ist. Youssef Al- Badri ist auch der Sprecher der Gruppe von Islamisten, die am 14. Juni die Zwangstrennung des Linguisten Abu Zaid von seiner Frau durchgesetzt hatte.

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